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Das Konto der USA ist leer

Von Scott Solomon

Gastkommentare
Scott Solomon ist Co-Portfoliomanager der Dynamic Global Bond Strategy beim US-Finanzdienstleistungsunternehmen T. Rowe Price.
© T. Rowe Price

Die Einigung zur Schuldenobergrenze ist erst der Anfang.


Der Kongress hat den USA eine Schuldenlast von 31,4 Billionen Dollar genehmigt. Gegenwärtig haben die USA quasi ihre Kreditkarte ausgeschöpft, und ihr Bankkonto (der Treasury General Account) ist am Ende. Als Tag X gilt der Zeitpunkt, an dem das allgemeine Konto des US-Finanzministeriums den Nullpunkt erreicht. Es ist jedoch schwierig, diesen genau vorherzusagen. Selbst wenn das vorgeschlagene Abkommen über die neue Schuldenobergrenze der USA in dieser Woche verabschiedet wird, bleiben die Marktrisiken bestehen. Das Hauptanliegen ist das Auffüllen des allgemeinen Finanzkontos durch eine Aufstockung des Saldos auf 550 Milliarden Dollar bis Ende Juni.

In der Vergangenheit wurden für jeden Dollar, der zur Auffüllung dieses Kontos verwendet wurde, 80 Cent aus den Reserven der US-Banken entnommen. Die Turbulenzen im Bankensektor im März haben jedoch gezeigt, dass die Bankreserven sehr knapp sind. Wenn die Bankreserven am Ende zur Finanzierung der Staatsanleihen verwendet werden, könnte dies zu einer weiteren Belastung des Systems führen. Zwei mögliche Szenarien gibt es dazu: Im einen, in dem die Inflation niedriger wäre, wäre die Lösung einfach, da die Fed einfach die Zinsen senken könnte. Da sie jedoch versucht, die Inflation zu kontrollieren, muss sie vorsichtig agieren. Sollte das Bankensystem weiter unter Druck geraten, könnte der Anleihemarkt die Fed zum Handeln und zu einer Zinssenkung drängen.

Ein anderes mögliches Szenario ist, dass die historischen Muster nicht zutreffen und das allgemeine Konto des US-Finanzministeriums durch Geldmarktfonds finanziert werden könnte. Dies gilt jedoch nur, wenn die Renditen der US-Schatzpapiere ausreichen, um die Geldmarktmanager zu entschädigen, die derzeit über die Reverse-Repo-Fazilität der Fed in höher rentierende Alternativen investiert sind. In diesem Szenario dürften sich Risikoanlagen sowie Aktien und Anleihen von US-Banken gut entwickeln. Daher sollte man in den nächsten Monaten die Reserven der Banken sehr genau im Auge behalten.

Solange es nicht zu einem tatsächlichen Zahlungsausfall kommt, ist nicht damit zu rechnen, dass die Rating-Agenturen die Kreditwürdigkeit der USA herabsetzen. Sollte dies jedoch passieren, wären die größten Auswirkungen für die US-Banken zu spüren, da ihre Ratings indirekt unter Druck geraten würden. Was aber, wenn die USA in Verzug geraten? Nun, im Falle eines tatsächlichen Zahlungsausfalls steigt der Wert von US-Staatsanleihen an, wodurch die Renditen sinken und der Goldpreis steigt. Dies gilt höchstwahrscheinlich auch für die Anleihen anderer staatlicher Einrichtungen, wie deutsche Bundesanleihen und japanische Staatsanleihen. Außerdem könnte der Wert des US-Dollars sinken. Anfänglich könnten wir eine Rückkehr zu traditionelleren Korrelationen für festverzinsliche Anleger erleben, bei denen sich die Anleihekurse umgekehrt zu den Risikoanlagen bewegen. Wenn wir uns jedoch dem Jahr 2024 nähern und die Folgen der Verhandlungen über die Schuldenobergrenze hinter uns lassen, könnten die Anleiheinvestoren höhere Renditen verlangen, da die Emissionen von Staatsanleihen aufgrund der weltweit steigenden Budgetausgaben die Erwartungen übertreffen.