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Der private Mietmarkt als Umverteilungsmaschine

Von Alexander Huber

Gastkommentare
Alexander Huber ist Ökonom am Momentum Institut und Experte für Wohnen.
© Ingo Pertramer

Dass die Mieten immer weiter steigen, ist keine Naturkatastrophe, der wir hilflos ausgeliefert sind.


Mit Juni flattert die nächste Mieterhöhung in den Postkasten. Schon wieder. Für knapp 140.000 Menschen in Österreich steigt die Miete nun innerhalb von nur 15 Monaten zum vierten Mal. Möglich ist das in Österreich, weil Mieterhöhungen gesetzlich an die Inflation gekoppelt sind. Das hat den Effekt, dass die Mieten immer dann steigen, wenn die Inflation steigt. Die Inflation steigt aber wiederum dann, wenn die Mieten steigen, da die Mietkosten zur Berechnung der Inflationsrate herangezogen werden. Die Miet-Preis-Spirale dreht sich und befeuert die Inflation.

Von 2021 bis heute sind die Richtwertmieten um 15 Prozent, freie Mieten um bis zu 17 Prozent und Kategoriemieten sogar um 23 Prozent gestiegen. Zwar steigen auch die Löhne mit, aber deutlich langsamer. Seit 2021 sind die Löhne im Schnitt um 11,3 Prozent gestiegen. Die Mieten steigen also deutlich schneller, als Löhne und Gehälter nachziehen können.

Es ist vor allem die ärmere Bevölkerungshälfte, die nun bis zu knapp einem Viertel mehr für ihr Dach über den Kopf bezahlen muss. Von 100 Miet-Euros gehen 80 an das reichste Zehntel im Land. Die Regierung hat monatelang nur zugeschaut, zu einer Mietpreisbremse konnte sie sich nicht durchringen. Ihre Lösung: ein Wohnkostenzuschuss - die nächste Einmalzahlung also. 250 Millionen Euro an Steuergeld wandern dadurch zwar kurz in die Hände der mietenden Bevölkerung, landen dann aber schnurstracks auf den Konten der meist reichen Vermieterinnen und Vermieter. Anders gesagt: Umverteilung von unten nach oben par excellence.

Statt indirekt Steuergeld auf die Konten der Vermietenden zu transferieren, könnte die Regierung auch an der Wurzel des Problems ansetzen. Die Preise könnten gebremst werden. Dass die Mieten immer weiter steigen, ist keine Naturkatastrophe, der wir hilflos ausgeliefert sind. Die Regierung hat großen Handlungsspielraum. Das zeigen uns Beispiele aus anderen Ländern: Schottland hat voriges Jahr alle Mieten eingefroren, heuer dürfen sie um nur 3 Prozent steigen, in Dänemark um maximal 4 Prozent, in Spanien durften und dürfen sie im Vorjahr und heuer nur um 2 Prozent steigen, in Portugal genauso, in Frankreich um 3,5 Prozent. Spanien ändert den Kurs ab 2025 sogar grundlegend: Ein flexibler Mietendeckel tritt in Kraft, der vom spanischen Statistikamt jährlich neu festgelegt wird. Der Deckel soll deutlich unter der Inflationsrate liegen und auch die Durchschnittslöhne berücksichtigen.

Doch nicht nur die Inflation treibt die Mieten. Vor allem der steigende Anteil der befristeten Mietverhältnisse ist problematisch. Immer mehr Mietverträge haben ein Ablaufdatum, nach Vertragsende wird dann ein höherer Mietzins verlangt. Voriges Jahr wurden bei den Richtwertmieten bereits 45 Prozent, im Neubau 52 Prozent der Wohnungen befristet vermietet. Das Mietrecht muss grundlegend reformiert werden. Befristungen gehören für große Vermieter und Vermieterinnen - etwa Immo-Konzerne - eingeschränkt. Sie müssen die Ausnahme sein, nicht die Regel.