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Energiewende - wohin mit dem Atommüll?

Von Christian Lukner

Gastkommentare
Christian Lukner ist Diplomphysiker und war im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bonn/ Berlin beschäftigt.

Es gibt durchaus Alternativen zur deutschen Endlagerstätte Gorleben - es braucht aber auf jeden Fall eine "Nationale Entsorgungsstrategie".


Nach dem deutschen Atomausstiegsbeschluss stellt sich die Frage: Wo soll der ganze Atommüll, der beim "Abwracken" der Kernreaktoren anfällt, denn nun hin? In diesem Zusammenhang wird auch über Alternativen zum Endlager-Salzstock in Gorleben nachgedacht.

Die Kapazität der "Pufferlager" an den AKW-Standorten ist weitgehend erschöpft. Bereits Anfang der 1990er wurden kristalline Wirtsgesteine (etwa Granit) unter dem Aspekt der Einlagerung hochradioaktiver ("wärmeentwickelnder") Abfälle untersucht. 2003 beauftragte das deutsche Wirtschaftsministerium die deutsche Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe damit, weitere Formationen (insbesondere Ton) bundesweit zu untersuchen. Die Ton-Studie wurde 2007 veröffentlicht, als Ergänzung zu den bisherigen Untersuchungen in Salz und kristallinem Gestein. Seitdem wissen wir, dass es in Deutschland quer durch die Republik ein ganzes Spektrum von Optionen - auch in Nicht-Salzformationen - gibt.

Eine ernstzunehmende Alternative zu Salz sind vor allem kristalline Gesteinsformationen wie in Sachsen oder Ostbayern. Die ziemlich weit verbreiteten Tongesteinsformationen konzentrieren sich auf ausgewiesene Teilbereiche von Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und eingeschränkt auf Brandenburg und die nördlichen Gebieten von Nordrhein-Westfalen. Zum Beispiel eignet sich Granit als Endlagermedium wegen seiner günstigen physikalischen Eigenschaften (Festigkeit, Wärmebelastbarkeit); mehrere Länder, wie Schweden oder die Schweiz, verfolgen dieses Konzept mit großem Engagement.

Jetzt muss es primäre Aufgabe der Umweltpolitik sein, das vorhandene technologische Wissen aufzugreifen und einer neuen Bewertung - unter Berücksichtigung des aktuellen internationalen Wissens- und Erfahrungsstandes - zu unterziehen. Dafür ist eine "Nationale Entsorgungsstrategie" unverzichtbar, deren Ziel der Überblick über die derzeitige Situation der nuklearen Entsorgung in Deutschland sowie die Darstellung künftiger Maßnahmen und Handlungsoptionen sein muss. Mit der Suche nach neuen Standorten beziehungsweise alternativen Formationen muss schnellstens begonnen werden.

Gorleben sollte als Labor- und Vergleichsstandort erhalten bleiben. Das vom Umweltminister geplante "Endlagersuchgesetz" ist ein wichtiger Schritt zu einem verbindlichen Rahmen für das juristische und technische Verfahren. Die nötige Flexibilität für die komplizierte Suche darf aber nicht verloren gehen; demokratische Mitspracherechte und Entscheidungsprozesse dürfen nicht einseitig auf die Ebene der Politik verlagert werden.

Denn alle Großprojekte brauchen irgendwie auch einen gesellschaftlichen Rückhalt; wer glaubt, an einem neuen Standort gäbe es keine Proteste, wird bald eines Besseren belehrt - spätestens dann, wenn sich die Standortentscheidung weiter konkretisiert. Die Akzeptanz in der Bevölkerung wird dafür entscheidend sein, wie schnell man mit dem Endlagerprojekt - für welches man sich auch letztlich entscheidet - weiterkommen wird.