Zum Hauptinhalt springen

Die geheimen Kriege des Herrn Obama

Von Philip Hautmann

Gastkommentare
Philip Hautmann ist Sozial- und Wirtschaftswissenschafter.

Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt und diskutiert, hat die US-Regierung den Krieg gegen den Terror in einen Schattenbereich verlagert.


Vor etwas mehr als einem Jahr wurde der Terrorpate Osama bin Laden im Rahmen einer etwas martialisch-bizarren Militäraktion getötet, nachdem er - ebenso bizarr - nach langer Suche schließlich in einer mittelgroßen pakistanischen Stadt ausfindig gemacht werden konnte, wo er in der Nähe eines Militärstützpunktes jahrelang unbehelligt gelebt hatte.

Es mag einem noch erinnerlich sein, wie die daran anschließende Diskussion, inwieweit solche gezielten Tötungen, noch dazu auf ausländischem Boden, legitim sein könnten, einigermaßen hohe Wellen geschlagen hat (sehr zur Verwunderung der sich gerade selbst feiernden Amerikaner) und teilweise in etwas weltfremde Regionen abgedriftet ist.

Weit weniger bemerkt von der Öffentlichkeit - und in dieser Hinsicht ja auch von ihm und seiner Regierung intendiert - hat US-Präsident Barack Obama jedoch seit seinem Amtsantritt dem Krieg gegen den Terror eine Schlagseite verpasst, die man eher nicht von ihm erwartet hätte: jene einer klandestinen High-Tech-Kriegsführung durch unbemannte und ferngelenkte Drohnen, die nicht nur zur Aufklärung eingesetzt werden, sondern eben auch zur gezielten Tötung von Terrorverdächtigen.

Rund 240 solcher heimlichen Attacken sind unter der Regierung des Demokraten Obama bis jetzt durchgeführt worden, im Vergleich zu 44 unter der Regierung des Republikaners George W. Bush. Das mag seinen Grund nicht zuletzt in der verbesserten Technologie haben. Allerdings auch darin, dass Obama die Vollmacht des US-Präsidenten ausgeweitet hat, solche Aktionen zu autorisieren - sowie der Geheimdienste, diese aufgrund hinlänglicher Verdachtsmomente auszuführen. Hierin liegt eines der Probleme bezüglich der Legitimität solcher Aktionen, bei denen es schließlich um Menschenleben geht. Was genau ist ein hinlänglicher Verdacht? Besteht die Gefahr, dass durch eine solche "Lizenz zum Töten" eine Praxis des "Erst schießen, dann fragen?" durch die CIA begünstigt wird?

Und wie steht es um die sogenannten Kollateralschäden, die solche Angriffe, die natürlich auch nicht so chirurgisch sind wie gerne dargestellt, mit sich bringen? In Pakistan, wo die meisten Drohnenangriffe ausgeführt werden, findet dadurch der Zorn der Bevölkerung auf die Amerikaner frische Nahrung - freilich unbeachtet dessen, dass dem Land durch seine eigenen und zahlreichen Radikalen das eigentliche Ungemach droht, und nicht durch die Amerikaner.

Bei den Taliban und den Mudschahedin ist Obama durch seine Drohnenstrategie allerdings auch mittlerweile verhasster als sein Vorgänger Bush, was man so kaum für möglich gehalten hätte. Unwirksam auf einem Gebiet, auf dem "politische Lösungen" eben nicht so einfach oder eben gar nicht möglich sind, ist die Drohnenstrategie also nicht. Dennoch: Transparenz und Vorstellungen von rechtlicher Nachvollziehbarkeit sehen anders aus.

Und so steht der reale Kern der teilweise scheinheiligen Aufregung nach Bin Ladens Liquidierung umso deutlicher im Raum: Darf einer so etwas so einfach tun?