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Die Quadratur des Lobbyismus

Von Werner Stanzl

Gastkommentare
Werner Stanzl ist Publizist und Dokumentarfilmer.

Wie Mammon in Fraktionsstärke den Parlamentarismus dieses Landes ad absurdum führt und das hohe Alter des Akteurs als letzte Hoffnung bleibt.


Die Lage der Nation ist kritisch, aber nicht ernst. Es heißt, der Milliardär Frank Stronach denke nicht daran, Werner Faymann und Michael Spindelecker zu kaufen. Als Trittbrettfahrer wären sie unnötig teuer, als politische Gegner aber kaum zu unterschätzen. Gleichzeitig beschäftigen sich Sympathisanten des Austrokanadiers mit der Frage, ob der Tycoon nicht billiger wegkäme, wenn er die parlamentarische Mehrheit einfach kaufte, statt Wahlkampf zu führen. Sollen doch die etablierten Parteien für ihre Inserate und Plakate bezahlen und Frankieboy sein Gerschtl lieber für die Mandatare aufheben. Am Ende könnte der Wahlsieger nur Stronach heißen. Also schläft die Hälfte der Parlamentarier mit dem Diensthandy unterm Ohr, denn berechtigte Chancen auf ein unseriöses Angebot hat jeder, der nicht als 100-prozentig anständig gilt.

Und Stronach kennt "Will haben!" als Trieb. Gern redet er von seinen 200 Dollar Startkapital. Über sein Grundkapital, bei Bedarf den Ahnungslosen aus der Raabklamm hervorzukehren, schweigt er sich aber aus. Hat sein Auftreten Schwejk’sche Züge? Jedenfalls lagen etliche beim Ratespiel, ob er schlicht sei oder eine gewisse Begrenztheit nur vorschiebe, schwer daneben. Die ursprünglichen Eigner von Magna Electronics etwa. 1968 meinten sie, den Neuling mit Migrationshintergrund samt seinem Laden geschluckt zu haben - und fanden sich unversehens in dessen Magen wieder. Es gibt aber auch solche, die schwören, Stronach schreibe nicht nur für die "Krone", sondern konsumiere sie auch als Basislektüre und halte sie auch noch für "gscheit".

Ab und an blitzen die Schwejk’schen Züge immer noch durch. Standardprozedur aber ist Oligarchengehabe. Aus dem Käuschlerbub ist Fortunatus Wurzel geworden, wenn nicht gar ein Roman Abramowitsch. Große Auftritte sind längst nicht so anstrengend wie das Sich-unterschätzen-lassen und dabei mindestens so produktiv. Etwa wenn es gilt, Pferde oder Politiker zu kaufen. Übrigens zwei geradezu konträre Disziplinen. Bei den Pferden gehe es um Rasse und Klasse, doziert Stronach gerne. Bei der Auswahl der Politiker wohl eher ums Gegenteil. Schwächen wie Gier garantieren jene Gefügigkeit, auf die es ihm ankommt.

Selbstredend war sich der Oligarch zu gut, Unterschriften für seine Parteigründung zu sammeln. Er hätte sich wieder in die kleinen Schuhe des Franzi Strohsack zwängen und freundlich tun müssen. So wählte er den demokratiefeindlicheren und volksverächtlicheren Einstieg als Politiker. Auf diese sich aufdrängende Schlussfolgerung kam er erst gar nicht - oder sie war ihm wurscht. So oder so ein Armutszeugnis für den Milliardär.

Umso mehr wäre dringendst der Gesetzespassus zu streichen, wonach bei einer Parteigründung das Aufgebot von drei gekauften Mandataren 2600 Bürger ersetzen kann. Er ermöglichte die Quadratur des Lobbyismus und könnte als Stronachismus die politischen Verhältnisse in diesem Land ad absurdum führen. Legistisch zu handeln tut not, schon weil es unmöglich zu sein scheint, diesen Schacher als aktive und passive Bestechung strafrechtlich zu ahnden.