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Die Welt muss mehr Ehrgeiz an den Tag legen

Von Ban Ki-moon

Gastkommentare

Die UNO-Vollversammlung ist ein Anlass, Alarm zu schlagen. Den hohen Diplomaten alarmiert die Richtung, in der sich die Menschheit entwickelt.


Wir durchleben eine Zeit des Aufruhrs, des Übergangs, der Veränderung. Unsicherheit, Ungleichheit und Intoleranz sind auf dem Vormarsch. Regierungen verschwenden Unsummen für Waffen und investieren immer weniger in die Menschen. Machthaber schließen wissentlich vor dem Klimawandel die Augen. Überall sehnen sich Bürger nach Arbeit und menschenwürdigem Leben, viel zu oft werden sie von der Politik gegeneinander ausgespielt oder auf später vertröstet.

Gewiss, es gibt auch Fortschritte. Die extreme Armut auf der Welt hat sich in den vergangenen zwölf Jahren halbiert. Arabien oder Burma wandeln sich hin zu mehr Demokratie. Afrikas Wirtschaft wächst schneller als irgendwo sonst. Auch in Asien und Lateinamerika sehen wir wichtige Verbesserungen.

Dennoch müssen wir mehr Ehrgeiz an den Tag legen. Armut und Ungleichheit bleiben weit verbreitet, unsere Ökosysteme stehen vor dem Zusammenbruch. Wir müssen die Richtung ändern. Deswegen habe ich die Staats- und Regierungschefs ermahnt, ihre Pläne für nachhaltige Energie, Bildung, Ernährung und Gesundheit weiter voranzutreiben. Die Wirtschaftskrise sollte keine Entschuldigung für Versäumnisse sein, wenn es um die grundlegenden Bedürfnisse der Menschen geht.

Die Lage in Syrien wird von Tag zu Tag schlimmer, sie ist zu einer regionalen Katastrophe mit globalen Konsequenzen geworden. Wir müssen die Gewalt stoppen, ebenso wie die Waffenlieferungen an beide Kriegsparteien. Gleichzeitig müssen wir einen von lokalen Kräften angeführten politischen Übergangsprozess in Gang setzen. Es ist unsere Pflicht, Menschenrechtsverletzungen nicht ungestraft zu lassen, weder in Syrien noch anderswo. Wir müssen dem Prinzip der Schutzverantwortung gerecht werden.

Ich lehne alle Worte der Delegitimierung und militärischen Drohungen eines Staates gegen einen anderen ab. Das schrille Kriegsgerede der jüngsten Wochen war besorgniserregend und sollte uns daran erinnern, dass wir friedliche Lösungen benötigen sowie den vollen Respekt für die UN-Charta und das Völkerrecht.

Wir müssen Spannungen abbauen, statt die Intoleranz weiter anzuheizen. In den vergangenen Wochen hat ein schändliches und unsensibles Machwerk zu gerechtfertigter Verärgerung und zu nicht zu rechtfertigender Gewalt geführt. Sowohl die Rede- als auch die Versammlungsfreiheit sind fundamentale Rechte, jedoch keine Lizenz zur Gewalt. Verantwortungsvolle Politiker müssen jetzt Flagge zeigen. Die gemäßigte Mehrheit darf keine schweigende Mehrheit sein.

Es steht viel auf dem Spiel, und die UNO muss auf all ihren Einsatzgebieten mit den aktuellen Entwicklungen Schritt halten. Die Menschen erwarten mehr von uns, als nur das Spiegelbild einer gespaltenen Welt zu sein. Die UNO muss Führungsstärke und Hoffnung ausstrahlen. Für die Probleme der Menschen wollen wir Lösungen entwickeln.

Kein Politiker, kein Staat, keine Institution kann alles alleine machen, jeder von uns aber kann auf seine eigene Weise etwas tun. Wir müssen das Wohl der Menschen als höchstes Gut ansehen und international besser zusammenarbeiten.