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Wahl 2013: Schlag nach bei Cicero

Von Peter Köppl

Gastkommentare
Peter Köppl ist Managing Director von Mastermind Public Affairs Consulting, Politologe und Kommunikationswissenschafter, Fachbuchautor und Vortragender zu den Bereichen Public Affairs, Lobbying, CSR und Campaigning.

Was schon im Wahlkampf des Jahres 64 v. Chr. galt, sollten sich auch heutige Politiker zu Herzen nehmen.


Der Nationalratswahlkampf 2013 hat die Zielgerade erreicht. Die Plakatdichte ist deutlich höher als jene der Inhalte auf denselben. Im TV wird es immer schwieriger, beim Zappen ohne Zweier-Diskussion durchzukommen. Es erfordert ein hohes Maß an geistiger Mobilität, die Botschaften und Statements zu verfolgen und den richtigen Personen zuzuordnen. Hängen bleiben daher, ob beabsichtigt oder nicht, eher skurrile Aspekte wie etwa die Bestellung einer Familienpizza ohne "grüne Pilze" durch den ÖVP-Pressedienst nach einer Pressekonferenz von Peter Pilz vor den Türen der ÖVP-Zentrale. Oder, schon heute ein Klassiker, der plakatierte Zynismus "weniger belämmert" der Grünen.

"Gib den Menschen Hoffnung" ist ein Grundtenor aller wahlwerbenden Parteien. Hoffen dürfen wir etwa auf "Pensionen", "Biowirtschaft", "Entfesselung" oder "Nächstenliebe". Das Motto "Versprich jedem alles, aber werde nie konkret" steht als Mantra über sämtlichen Wahlbotschaften. Bisher eher schweigsame oder scheinbar abwesende Politiker aller Couleurs und Funktionärsebenen legen eine kommunikative Hyperaktivität an den Tag, die mitunter verblüfft. Warum? "Es kommt vor allem auf gute Kommunikation an" - alle wollen den Wählern eben in nur wenigen Wochen all das mitteilen, was sie schon immer sagen wollen. Vielfach wirkt das durchaus verstörend, vor allem wenn "zurückgerudert" wird, um besser zu gefallen. Getreu dem Parameter: "Schmeichle den Wählern ungeniert." Ob freilich die jüngst geforderte "Todesstrafe" auch in diese Kategorie fallen sollte, bleibt ungeklärt.

"Dirty Campaining" gib es ja offiziell in Österreich nicht. Dennoch fliegen Anschuldigungen kreuz und quer: Korruption, Wohnsituation, Einkommen der Partner und Partnerschaftsmodelle werden da beredt im Mund geführt. Vielleicht nur zum Gaudium des Publikums heißt es: "Kenne die Schwächen deiner Gegner und schlage Kapital daraus." Das ist im Wahlkampf genauso wichtig, wie möglichst viele Hände zu schütteln und sich jener Themen anzunehmen, die sonst kaum jemanden der politischen Kaste hinterm Ofen hervorholen. Aber jetzt geht es eben um breite Unterstützung.

Alle diese Grundparameter des modernen Wahlkampfes stammen übrigens nicht aus dem Jahr 2013, sondern aus dem Jahr 64 v. Chr., aber sie haben offensichtlich überdauert. Damals schrieb Quintus Tullius Cicero seinem älteren Bruder Marcus Tullius Cicero, der sich um das höchste politische Amt in Rom bewarb, ein gutes Dutzend Wahlkampfregeln. Bekanntlich gewann Marcus Cicero die Wahl zum Konsul. Quintus gilt daher zu Recht als einer der ersten professionellen Wahlkampfberater. Manche Ratschläge scheinen aber 2013 in Vergessenheit geraten zu sein: "Umgib dich mit den richtigen Leuten." Oder: "Sorge dafür, dass du die Unterstützung deiner Familie und Freunde hast." Andere aber sicher nicht: "Fordere im Wahlkampf die Erwiderung aller Gefälligkeiten." Bei "Kenne und nütze die Schwächen deiner Gegner" wurde Quintus zeitlos konkret: "Gerüchte über Korruption liefern hervorragende Munition. Sexskandale sind noch effektiver." Da könnte uns noch einiges bevorstehen.