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Demokratie braucht eine linke Alternative

Von Thomas Schmidinger

Gastkommentare
Thomas Schmidinger ist Politikwissenschaftler und Lektor an der Universität Wien und der Fachhochschule Vorarlberg.

Nicht nur die Regierungsparteien sind abgestraft worden, sondern auch die Grünen, während die FPÖ immer mehr zur Arbeiterpartei wird.


Auch wenn sich manche Grüne das Wahlergebnis wegen minimaler Gewinne schönreden, so bleiben am Ende doch ein alarmierender Rechtsruck und der Weg in postdemokratische Verhältnisse. Angesichts der Ergebnisse der Nationalratswahlen und der selbstgesteckten Ziele der Grünen war dies nicht nur eine Abstrafung der Regierungsparteien, sondern auch der Grünen, die durch ihren inhaltslosen Wahlkampf, die Koalition mit dem Team Stronach in Salzburg und ihre zunehmende Beliebigkeit als Teil des politischen Establishments wahrgenommen wurden. Für Protestwähler im Arbeitermilieu sind sie als bildungsbürgerliche Oberschichtpartei ohnehin unwählbar.

Katastrophal ist allerdings, dass die FPÖ mittlerweile die neue Arbeiterpartei geworden ist und Proteststimmen aus der Arbeiterklasse offenbar überwiegend zur FPÖ und zum Team Stronach gewandert sind. Grüne und Neos sind beziehungsweise bleiben die Parteien der jüngeren Oberschichten. Dass die Proteststimmen der sogenannten Modernisierungsverlierer, etwa der Arbeiter und Arbeitslosen in der Obersteiermark, eher zur FPÖ gehen, ist aber nicht nur der Tatsache geschuldet, dass Österreich eine hegemoniale Rechte hat, sondern auch der völligen Unfähigkeit der Linken, eine populäre - ja vielleicht sogar populistische - linke Oppositionspartei aufzubauen.

Viele, aber nicht alle FPÖ-Wähler sind per se rechtsextrem. Ihre Ressentiments sind auch eine Folge der Vernachlässigung jeglicher politischer Bildungsarbeit durch die Sozialdemokratie. Viele FPÖ-Wähler in der Obersteiermark wählten wahrscheinlich bei den vergangenen Landtagswahlen die KPÖ und wären für ein populäres linkes Projekt mobilisierbar und langfristig auch politisierbar. Wenn es denn so eine Linke gäbe, die sich dieser Wähler denn auch annehmen würde. Aber Jahrzehnte der Depolitisierung der Sozialdemokratie haben hier eine verbrannte Erde hinterlassen.

Jenen, die sich jetzt das Wahlergebnis schönreden, sei ein genauerer Blick empfohlen: ÖVP und SPÖ wurden vor allem von Pensionisten gewählt. Unter den Jüngeren ist die FPÖ wesentlich stärker. Bedenkt man, dass das Team Stronach eine Eintagsfliege sein wird und dessen Wähler nächstes Mal auch der FPÖ ihre Stimme geben könnten, hat diese bei der nächsten Wahl reale Chancen, stärkste Partei zu werden.

Dem gegenüber steht allerdings ein interessantes Detail in den Wählerstromanalysen: Die stärkste Wanderung überhaupt gab es von der SPÖ zu den Nichtwählern - nämlich 173.000 - und nicht etwa zur FPÖ. Es sind also nicht alle frustrierten Sozialdemokraten in die Arme der rechten Hetzer gewandert, sondern viel mehr in die innere Emigration. 173.000 (Nicht-)Wähler sind deutlich mehr, als das BZÖ erreicht hat und wären allein schon genug, um die 4-Prozent-Hürde für den Einzug in den Nationalrat zu schaffen.

Gäbe es also ein gutes Angebot einer linken Alternative für diese von der SPÖ frustrierten Wähler, dann wäre hier durchaus ein Einzug in den Nationalrat wahrscheinlich. Eine solche Alternative könnte maßgeblich dazu beitragen, den Höhenflug der FPÖ zu stoppen.