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Europa, wir haben ein Problem!

Von Christian Mayr

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Michel Platini war so etwas wie eine "gmahde Wiesn", wie man dank Marcel Kollers Fernsehwerbung nun wieder häufiger im österreichischen Fußballsprech sagt. Während Joseph Blatter und das halbe Fifa-Imperium im Korruptionssumpf versanken und eine Persönlichkeit nach der anderen von der Weltbühne verschwand, inszenierte sich der geniale Ex-Kicker als glorreicher Retter - nicht nur des Fußballweltverbands, sondern gleich des ganzen Fußballs. Die Kür des Uefa-Chefs, der sich als solcher durchaus mit der einen oder anderen Reform seine Meriten verdient hat, im Februar 2016 schien dank breiter Unterstützung der Verbände aus Asien, Südamerika, Nord- und Zentralamerika sowie naturgemäß Europa nur noch Formsache. Doch spätestens seit der Vorwoche, seit der 60-Jährige wegen einer dubiosen Millionenzahlung von der Fifa an ihn im Blickpunkt der Schweizer Staatsanwaltschaft steht, ist die "gmahde Wiesn" zur verbrannten Erde geworden. Statt die Vorwürfe zu entkräften, verstrickte sich der Franzose in Widersprüche und arbeitete sich so auf der Beschuldigten-Skala hoch - und firmiert nunmehr (laut Staatsanwaltschaft) "zwischen Zeuge und angeklagter Person". Das ist vor allem für Europa ein Problem. Ein großes Problem. Denn der wichtigste Kontinentalverband, der von Blatter sukzessive ins Abseits geschoben wurde, steht nun ohne schlagkräftigen Kandidaten für die Fifa-Präsidentschaft da. Schon jetzt zerbröselt die Front der Platini-Unterstützer, und auch innerhalb der Uefa wird fast flehentlich gefordert, Platini möge alles aufklären. Doch das wird er, solange die Schweizer ermitteln und solange Blatter seinen Giftschrank gegen seinen französischen Erzfeind einsetzt, gar nicht können. Europa wird sich langsam nach einer Alternative umsehen müssen.