Seit 1950 hat sich der Weltenergieverbrauch mehr als verdreifacht, jedoch unterschiedlich verteilt auf die Industrie- und Entwicklungsländer! Die Hälfte der Weltbevölkerung muss mit weniger als 2 Euro am Tag auskommen. Täglich sterben 26.000 Menschen an Hunger und Wassermangel. Die industrialisierten Länder verbrauchen täglich so viel Öl, Kohle und Gas wie die Natur in 500.000 Tagen (also fast 1370 Jahren) gebildet hat. Schon wegen der begrenzten Ressourcen muss die Menschheit auf alternative (erneuerbare) Energien umsteigen. Wegen des Temperaturanstiegs auf Grund des primär vom Menschen verursachten Treibhauseffektes sollte mit diesem Umstieg jedoch so schnell wie möglich begonnnen werden, ansonsten droht ein Anstieg der globalen Mitteltemperatur um bis zu 8 Grad Celsius, mit bedenklich-negativen Konsequenzen für das gesamte Ökosystem. Leider ist bis heute keine Trendwende erzielt worden oder auch nur in Sicht, im Gegenteil: Bevölkerung, Energieverbrauch und CO2-Emissionen steigen weiter an.
Energieprobleme in Deutschland
Vor diesem Hintergrund ist der von Deutschland beschrittene Pfad der Energiewende sicher zu begrüßen, auch wenn er weltweit nichts an der obigen Situation ändert, so hat er doch eine Art Vorbildfunktion für die zukünftigen Energiesysteme anderer Industrie- und Schwellenländer (siehe als Beispiel Guatemala). Wo stehen wir? Produzieren wir genug erneuerbare Energie um weitere Kohle- und Kernkraftwerke abschalten zu können? Dies soll an einigen Beispielen erläutert werden.

Zwar ist der Anteil an der Stromerzeugung aus Wind und Photovoltaik (direkte Nutzung der solaren Strahlung mit Hilfe von Solarzellen) in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, zuletzt auf 25 Prozent. Dies sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier zunächst eine gewisse Grenze erreicht zu sein scheint, die aus netztechnischen Gründen nicht überschritten werden kann. Aufgrund der hohen installierten Leistung von zirka 46 Gigawatt kam es in den vergangenen Jahren bereits zu der Situation, dass 60 Prozent der Stromerzeugung aus diesen beiden Quellen kamen. Insgesamt trugen die erneuerbaren Energien mit 30 Prozent zur installierten Leistung bei. Dies entspricht in etwa der installierten Leistung von immerhin fünf Kernkraftwerken!

Im Februar 2012 - während der Kältewelle - kam es jedoch zu einem bedenklichen Engpass im Netz, ein Zusammenbruch des Stromnetzes konnte jedoch nochmal durch Zukauf von Energie, die von ausländischen Kohlekraftwerken geliefert wurde, verhindert werden (Windflaute, bei minus 20 Grad und bewölktem Himmel arbeiten weder Solarzellen noch Wärmepumpen etc.). Ausreichend genug "Schattenkraftwerke", die bei solchen Situationen einspringen, standen nicht zur Verfügung. Man muss nicht gerade den großflächigen Black-Out im Jahr 2012 in Indien zitieren, von dem mehr als 600 Millionen Menschen (ohne Strom!) betroffen waren, oder das Beispiel Kalifornien, um sich ausmalen zu können, was bei uns passieren würde, wenn das Netz mangels ausreichender Energie zusammenbräche.

Hinzu kommt das Problem, dass durch die plötzliche Abschaltung der acht Kernkraftwerke nach der Katastrophe von Fukushima eine Lücke von zirka 8400 Megawatt an grundlastfähiger Leistung entstanden ist, die bisher trotz Zubaus regenerativer Anlagen bis heute nicht vollständig kompensiert werden konnte. Der Ersatz durch moderne Gas-Kraftwerke hat nicht funktioniert, statt dessen wird immer mehr Kohle verbrannt, mit den bekannten Folgen für Klima und Umwelt (in den Jahren 2012 und 2013 sind die Treibhausgasemissionen wieder angestiegen). Investoren, die solche Gas-Kraftwerke bauen wollten, haben sich allesamt aus Deutschland zurückgezogen. Von den 8400 Megawatt konnten (trotz des oben genannten relativ hohen installierten Leistungsanteils) rein rechnerisch bisher nur 8 bis 10 Prozent ersetzt werden, wenn man berücksichtigt, dass die erneuerbaren Energien ja nicht ganzjährig zur Verfügung stehen, sondern nur "vagabundierend". Es verbleibt also eine beachtliche Stromlücke von zirka 90 Prozent, da Angebot und Nachfrage stets zusammenpassen müssen. Diese Balance kann nur mit Hilfe von Importenergie zum Beispiel aus Kernkraftwerken in Frankreich und Tschechien beziehungsweise aus Öl- und Kohlekraftwerken in anderen Ländern ausgeglichen werden. Der Anteil erneuerbarer Energien im System stößt also bereits jetzt an seine Grenzen, eine weitere Erhöhung wäre wegen fehlender Hochspannungsleitungen und Speichermöglichkeiten sehr riskant, wenn man eine hohe Stabilität des Netzes und der Qualität des Stroms auf der Verbraucherseite verlangt. Hinzu kommt, dass es nicht genug sogenannter virtueller Kraftwerke ("Schattenkraftwerke") gibt, die im Notfall einspringen und die Regelung des Netzes übernehmen könnten.
Notwendige Maßnahmen und Korrekturen
Exakte Zahlen anzugeben, bis wann der Transformationsprozess abgeschlossen sein wird, ist pure Scharlatanerie. Klar ist: Technik, Wirtschaft und Verbraucher dürfen nicht überfordert werden, denn das hätte zur Folge dass Fehler gemacht und voreilig falsche Entscheidungen getroffen werden, die später nicht mehr korrigiert werden können (siehe Abschaltung von Kernkraftwerken). Gut gemeinte Absichten verkehren sich dann ins Gegenteil, der Verbraucher merkt das am ständig steigenden Strompreis, der sich unter anderem wegen der Umlagen für Wind, Sonne etc. in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt hat. Die Behebung dieser Engpässe erfordert Zeit (gut zehn Jahre) und lässt sich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen. Nicht alles, was derzeit im Zusammenhang mit der Modewelle "Smart-Grid" diskutiert wird, lässt sich in der Praxis umsetzen. Ich persönlich möchte nicht, dass in der Wohnung über mir nachts um 3 Uhr die Waschmaschine anspringt (und jede Menge Lärm und Vibrationen verursacht), nur weil dann der Stromtarif günstig ist und uns sogenannte "intelligente" Systeme vorschreiben, wann wir was machen dürfen und wann nicht.