Christian Ortner.
Christian Ortner.

Während die Republik Österreich heuer so viel an Steuern eingenommen hat wie überhaupt noch nie in ihrer bewegten Geschichte, müssen gleichzeitig Schulen bei der Begabtenförderung sparen, kann sich das Bundesheer nicht einmal mehr die Reparatur kaputter Busse und Kasernen-Toiletten leisten und fehlt es Technischen Universitäten an zeitgemäßen Laborausstattungen. Eine Mängelliste, die sich ad infinitum verlängern ließe. Dass also der Staat auf der einen Seite im Geld (das er seinen Bürgern vorher weggenommen hat) förmlich ertrinkt, auf der anderen Seite aber finanziell nicht einmal in der Lage ist, fundamentale Leistungen zu erbringen, die von ihm zu erwarten sind, deutet auf ein ganz gravierendes Staatsversagen hin. Die Republik ist ganz offensichtlich nicht imstande, die ihr zur Verfügung stehenden enormen Ressourcen so einzusetzen, dass mit möglichst geringem Mitteleinsatz ein möglichst zufriedenstellendes Ergebnis erzielt wird, ganz unabhängig von ideologischen Präferenzen.

Gelegentlich und eher zufällig wird sichtbar, was die Ursache für diese Dysfunktionalität ist. So bedurfte es der törichten Nominierung eines mäßig geeigneten Kandidaten für das Amt des stellvertretenden Wiener Stadtschulratspräsidenten durch die FPÖ, um die völlige Sinnlosigkeit dieses in allen neun Bundesländern bestehenden Jobs öffentlich sichtbar werden zu lassen. Es bedurfte des nahezu völligen Kollaps des Bundesheeres, um einmal mehr die Anzahl der Generäle - weit über 100 - dieser praktisch nicht mehr existierenden Streitmacht zum Gegenstand öffentlicher Erheiterung zu machen. Und es bedurfte eines Finanzskandals am Burgtheater, um publik zu machen, wie wenig ausgeprägt die Neigung, mit dem Geld der Steuerzahler sorgfältig umzugehen, in diesem abgehobenen Milieu sein kann.

Natürlich kann man einwenden, mit den paar Dutzend Millionen, die sich hier einsparen ließen, könne die Republik nicht finanziell saniert werden. Das mag stimmen. Doch unterhalb des Radars der öffentlichen Meinung ließen sich mit Sicherheit hunderte, wenn nicht tausende weitere Fälle auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene finden. Und in Summe ginge es um richtig viel Geld. Natürlich wären es oft Eingriffe in bestehende Verträge. Dass sie, wenn sie es nötig findet, vor solchen problematischen Eingriffen nicht zurückschreckt, hat die Republik erst jüngst bei der Beseitigung der Hypo-Staatshaftungen oder der Reduzierung der "Luxuspensionen" bewiesen; genauso gut könnte sie auch in der Verwaltung einmal richtig ausmisten. Dass dies nicht passiert, dürfte freilich einen ganz anderen Grund haben: dass keine der beiden größeren Parteien die Kraft, die Lust und die Absicht hat, ihren jeweiligen Parteigängern, die von der Ineffizienz und Dysfunktionalität des Staates durchaus profitieren, wehzutun. Denn das würde ihre ohnehin recht prekär gewordene politische Existenz noch weiter gefährden. Der neue Finanzminister Hansjörg Schelling hat recht: Österreich hat "kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem". Das wird freilich nur zu lösen sein, indem beide Parteien es riskieren, einen erheblichen Teil ihrer Follower vor den Kopf zu stoßen. Den Eindruck, dazu imstande zu sein, erwecken sie freilich nicht wirklich.