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Die Entwicklungshilfe braucht eine Trendwende

Von Margit Schratzenstaller

Gastkommentare
Margit Schratzenstaller ist Referentin für Öffentliche Finanzen am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo).

Das jährliche Ritual von angekündigten Kürzungen ist ebenso wenig zukunftsfähig wie das gesamte Entwicklungshilfebudget.


Seit Jahren werden jährlich Kürzungen der bilateralen Entwicklungshilfe, die in Projekte und Programme für die ärmsten Länder der Welt fließt, angekündigt. Auch das Budget für 2015 sieht weitere Einsparungen vor. Geplant ist eine Reduktion um 17 Millionen Euro, die das operative Budget für die Entwicklungshilfe auf einen Tiefstand von 53 Millionen Euro zurückstutzen würde. Es wäre damit um mehr als ein Drittel niedriger als 2010.

Auch wenn in den vergangenen Jahren geplante Kürzungen vor allem wegen des öffentlichkeitswirksamen Engagements der Entwicklungshilfeorganisationen wieder rückgängig gemacht wurden: Das jährliche Ritual von angekündigten und dann doch ausgesetzten Kürzungen ist ebenso wie das gesamte Entwicklungshilfebudget nicht zukunftsfähig.

So ruht gerade die bilaterale Entwicklungshilfe auf längerfristigen Programmen und Projekten, die einen planbaren und verlässlichen Finanzierungspfad brauchen. Zudem entfernt sich Österreich jährlich mehr von seinen internationalen Verpflichtungen. Gemäß den Millenniumsentwicklungszielen sollen die Industrieländer ihre Entwicklungshilfeausgaben bis 2015 auf mindestens 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung erhöhen.

Zwar werden diesen Wert wohl nur Schweden, Dänemark, Luxemburg und Großbritannien erreichen. Im Durchschnitt der alten EU-Länder werden 0,44 Prozent, in der gesamten EU etwa 0,4 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe ausgegeben. Mit einer seit Jahren stagnierenden Quote von 0,28 Prozent ist Österreich jedoch besonders weit davon entfernt.

Umso dringender ist es, dass die vor knapp einem Jahr im Regierungsprogramm festgeschriebene "Entwicklung und gesetzliche Verankerung eines Stufenplans zur Erhöhung der EZA-Mittel bis zur Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels" endlich angegangen wird. Dazu gehört auch, dass die bilaterale Entwicklungshilfe von den vereinbarten jährlichen Kürzungen der Ermessensausgaben des Bundes ausgenommen wird. Diese sollen ja 2014 um 500 Millionen Euro und bis 2018 um jährlich 300 Millionen Euro reduziert werden.

In Bereichen, in denen große Mittelvolumina bewegt werden, können solche Vorgaben durchaus zu einer effizienteren Mittelverwendung beitragen: Sie zwingen dazu, alle gestaltbaren Ermessensausgaben zu überprüfen - und ermöglichen es, kurz- oder auch mittelfristig verzichtbare Ausgaben aufzuspüren. In einem so stark unterfinanzierten Bereich wie der bilateralen Entwicklungshilfe dagegen gibt es wohl kaum Spielraum für effizienzsteigernde Einsparungen.

Kurzfristig sollte es bei Gesamtausgaben des Bundes von knapp 75 Milliarden Euro und einer staatlichen Ausgabenquote von mehr als 50 Prozent möglich sein, durch kurzfristige Umschichtungen wenigstens die geplante Kürzung von 17 Millionen Euro zu vermeiden. Darüber hinaus sollten aber möglichst erste Schritte zur dringend erforderlichen Aufstockung der bilateralen Hilfe gesetzt werden. Gerade im Jahr 2015, in dem eigentlich die Millenniumsziele schon erreicht sein sollten, wäre dies ein wichtiges Symbol. Mittelfristig bedarf es angesichts der großen Lücke zum 0,7-Prozent-Ziel allerdings größerer Anstrengungen.