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Ein zweiter Frühling für die Atomenergie in Europa?

Von Paul Schmidt

Gastkommentare
Paul Schmidt ist Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik.

Die Subventionierung der Atomkraft blockiert die Entwicklung erneuerbarer Energieträger.


In seiner Anhörung im EU-Parlament hat Maros Sefcovic, in der EU-Kommission der zuständige Vizepräsident für die Energieunion, drei Ziele für seine Tätigkeit definiert: leistbare Energie, Wettbewerbsfähigkeit und Einhaltung der EU-Klimaziele. Die EU solle ihre Führungsrolle in internationalen Energie- und Klimafragen aufrechterhalten. Der Schlüssel dazu liege vor allem in einem Kompromiss zwischen Emissionsreduktionen und Wettbewerbsfähigkeit. Dafür müsse die EU einen Spitzenplatz bei der Förderung erneuerbarer Energiequellen einnehmen. Österreich mit seinem hohen Anteil an Wasserkraft sowie Deutschland mit seinem Atomausstieg im Zuge der Energiewende unterstützen dieses Vorhaben.

Die EU-Kommission beschert jedoch gerade der Atomenergie einen zweiten Frühling: Investitionen in die Verbesserung von Sicherheitsstandards, die technische Weiterentwicklung sowie die Modernisierung - bei Bedarf auch die Stilllegung - von AKW sollen diese sicherer machen. Durch ihre CO2-Neutralität wird die Atomenergie ihren Beitrag zur Emissionsreduzierung leisten, so die EU-Kommission. Aktuell sind es in der Europäischen Union 132 Atomkraftwerke, die in 14 der 28 EU-Länder 27 Prozent des Energiemixes und zwei Drittel der emissionslosen Energie der EU produzieren.

Fragt man die EU-Bevölkerung nach ihrer Meinung, so sind - gemäß dem Statistikportal Statista - 44 Prozent (in Österreich 14 Prozent) für die Nutzung von Kernenergie. Trotz dieses Spannungsverhältnisses wird an der Atomenergie festgehalten. Noch die EU-Kommission unter Jose Manuel Barroso hat den Ausbau des englischen AKW "Hinkley Point C" mit staatlichen Beihilfen genehmigt. Ein umstrittener Beschluss, da solche Beihilfen an private Unternehmen marktverzerrend wirken können.

Österreich möchte deswegen gegen diese Entscheidung vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Der rechtliche Ausgangspunkt dafür ist die staatliche Preisgarantie, die von der Regierung in London dem französischen Betreiber EDF garantiert wurde. Bisher war diese Form der Subventionierung nur erneuerbaren Energieformen vorbehalten. Eine Ausweitung dieses Subventionsrechtes könnte dazu führen, dass weitere AKW in den Genuss staatlicher Subventionen kommen.

Die EU-Kommission aber rechtfertigt den Beschluss mit einem möglichen Marktversagen des britischen Energiemarktes, der Einhaltung geltender Verträge sowie der langfristigen emissionslosen Energiegewinnung. Die Rahmenbedingungen zwischen der englischen Regierung und EDF wurden im Vorfeld der Subventionsfreigabe den geltenden Regeln angepasst. So musste EDF seine Bürgschaftsgebühr zur finanziellen Absicherung des Projektes um eine Milliarde Pfund erhöhen sowie eine Senkung des fixen Energiepreises im Falle höherer Gewinne festlegen.

Einer effizienteren Förderung erneuerbarer Energieträger ist damit nicht geholfen. Für Spannungen zwischen den EU-Ländern sowie der öffentlichen Meinung ist allemal gesorgt. Hat Atomenergie in Europa wirklich eine Zukunft als "klimafreundliche" Energiequelle? Der Weg in Richtung Energiewende scheint jedenfalls kein einfacher zu sein.