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Die Terroristen greifen den Islam frontal an

Von Fuat Sanaç

Gastkommentare

Das beste Rezept gegen den menschenverachtenden Extremismus ist Aufklärung und eine Bloßstellung dessen wirrer Ideologie.


Muslime haben weltweit den Anschlag auf das Pariser Satiremagazin "Charlie Hebdo" scharf verurteilt. Als Islamische Glaubensgemeinschaft halten wir fest, dass eine missliebige Meinung auf keinen Fall die Anwendung von Gewalt rechtfertigt. Presse- und Meinungsfreiheit sind Säulen eines jeden demokratischen Rechtsstaates. So wie der Pluralismus verschiedener Religionen und Weltanschauungen in einer Gesellschaft Platz haben muss, so müssen sich auch verschiedene Sichtweisen öffentlich ausdrücken können.

Je mehr Details über den Anschlag bekannt werden, desto größer ist die Abscheu. Wie kann man ein so entsetzliches Verbrechen begehen und jubelnd "Allahu akbar!" rufen? Ja, Gott ist groß - genau das missachten die Verbrecher, die sich in ihrer Vermessenheit über Gottes Gebote stellen und dabei noch behaupten, in Seinem Willen zu handeln. Auch der Ruf "Rache für den Propheten!" ist eine Pervertierung der Botschaft des Propheten Muhammad. Sehr oft wurde dieser zu Lebzeiten persönlich beleidigt, sogar mit Steinen beworfen - und gebot allen Einhalt, die mit Gewalt antworten wollten.

Die Terroristen betreiben mit ihren Verbrechen nicht nur Missbrauch der Religion, sie greifen den Islam frontal an. Sie reiben sich die Hände, wenn die Islamfeindlichkeit steigt. Polarisierung fördert ihr schmutziges Geschäft.

Umso wichtiger sind die klaren Botschaften all jener, die gerade jetzt den gesellschaftlichen Zusammenhalt fordern und davor warnen, Muslime pauschal für den Terrorismus verantwortlich zu machen. Das beste Rezept gegen den menschenverachtenden Extremismus ist Aufklärung und eine Bloßstellung dessen wirrer Ideologie - hierzu können alle Menschen beitragen. Insbesondere möchte ich auch die Muslime in Österreich ermutigen, das Gespräch mit Nachbarn, Arbeitskollegen und andersgläubigen Bekannten und Freunden zu suchen.

Viel ist die Rede vom "Aufschrei" der Muslime, der erforderlich sei, von einem starken Zeichen gegen Terror und Extremismus. Wir erleben, wie umgekehrt Muslime persönlich enttäuscht sind, dass man überhaupt annehmen könnte, sie würden im Stillen mit der Barbarei sympathisieren. Hier müssen wir aufeinander zugehen. Es braucht mehr als symbolische Aktionen. Nichts kann die Propaganda der Extremisten mehr stören, als wenn sie erkennen müssten, dass die Saat ihres Hasses und ihrer Gewalt nicht aufgeht, weil die Menschen klüger sind, als sich spalten zu lassen. Nachhaltige Arbeit erfordert einen dauerhaften persönlichen Einsatz im Dialog. Österreich hat hier immer viel erreicht. Es geht um Menschlichkeit. An dieser Stelle sei auch ein großes Danke all jenen gesagt, die sich in diesen Stunden bewusst bei uns melden, um an früheren erfolgreichen Dialogprojekten anzuknüpfen.

Der Freitag ist der wöchentliche Versammlungstag der Muslime in der Moschee. Der 9. Jänner soll genutzt werden, um möglichst in allen Gebetsräumen Österreichs in den Freitagsansprachen auf die jüngsten Ereignisse einzugehen und die klare Verurteilung theologisch zu untermauern. Auch eine Schweigeminute im Gedenken der Opfer ist unser Zeichen, dem Terror eine Botschaft der Solidarität und der Menschlichkeit entgegenzusetzen.