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Die Fragen richtig stellen

Von Hans Holzinger

Gastkommentare
Hans Holzinger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen in Salzburg.

Auswege aus der Arbeitslosigkeit.


Ende 2014 erreichte die Arbeitslosigkeit in Österreich einen Höchststand (10,2 Prozent). Zugleich gab es noch nie so viele Beschäftigte (knapp 3,5 Millionen). Arbeitslosigkeit ist ernst zu nehmen. Die Wahl der Strategien soll aber differenziert erfolgen. Neben Beschäftigungsimpulsen in gesellschaftlich sinnvollen Bereichen wie Ökologie und Sozialem geht es auch um eine Neuverteilung der vorhandenen Arbeit durch Überstundenabbau, flexible Arbeitszeitverkürzung, und faire Verteilung der Produktivitätsfortschritte.

Wirtschaftsankurbelung ohne Zielvorgaben ist sinnlos. Zudem ist die Politik in einem Dilemma: Sie soll keine weiteren Schulden machen, keine neuen Steuern einführen und - wenn die Wirtschaft lahmt - diese mit Investitionen beleben. Die sprichwörtliche Quadratur des Kreises.

Die Hauptaufgabe von Politik ist nicht, bei allen auftretenden Problemen Feuerwehr zu spielen, etwa durch Konjunkturspritzen, sondern passfähige Rahmenbedingungen für positive Entwicklungen zu setzen. Das erfordert einen makroökonomischen Blick. Da in einer endlichen Welt unbegrenztes Wachstum nicht möglich ist, bedeutet Politik wesentlich auch Prioritäten zu setzen. Sinnvolle Fragen an die Wähler wären demnach: Wollt ihr weiterhin Billigstfernreisen und Ramsch aus aller Welt? Oder sollen wir eine aus Umweltsteuern finanzierte Wohn-, Energie- und Ernährungswende anpacken, die die regionale Wirtschaft stärkt und sinnvolle Arbeit schafft? Sollen die Reichen immer reicher werden? Oder wollen wir lieber in einer Leistungsgesellschaft leben, in der nicht alle gleich viel, aber alle genug zum Leben haben und nach ihren Möglichkeiten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben beitragen, um damit Schulen oder Krankenhäuser auch in Zukunft gut finanzieren zu können? Auch das würde sinnvolle Arbeitsplätze schaffen, und die Bessergestellten könnten bei entsprechender Argumentation durchaus für diese Fair-Teilung gewonnen werden.

Zu fragen wäre auch, ob wir wirklich eine generelle Steuerentlastung brauchen, die die öffentliche Verschuldung weitererhöhen würde, oder ob es nicht vielmehr um zielgenaue Maßnahmen der Einkommenssteigerung für jene ginge, die es tatsächlich nötig haben - etwa durch garantierte Mindestlöhne oder Negativsteuern. Schließlich wäre zu fragen, wie sich durch flachere Einkommenshierarchien Arbeitszeitverkürzungen und neue Arbeitszeitmodelle aufkommensneutral finanzieren ließen. Solche Fragen ermöglichten neue Antworten jenseits des Wachstumszwangs und der Konkurrenz aller gegen alle, für die die Menschen durchaus zu haben sind.

Nachsatz: In Dienstleistungsgesellschaften wird Arbeit im Industriesektor weiter abnehmen, im Bereich öffentlicher Güter zunehmen. Soll unsere Lebensqualität mit Bildung, Kinderbetreuung, freiem Zugang zu Krankenversorgung etc. erhalten bleiben, brauchen wir tendenziell mehr und nicht weniger öffentliche Mittel, ergänzt um Hitech-Wertschöpfung im verbleibenden produzierenden Sektor. Der klassische Freizeitbereich könnte gegenüber qualitätsvollen öffentlichen Leistungen an Wichtigkeit verlieren. Qualitätsvolles und leistbares Wohnen, Bildung und Kultur für alle schlagen Billig-Entertainment, Event-Orientierung und Shopping-Fixierung.