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Ein Schritt in die richtige Richtung

Von Hans Holzinger

Gastkommentare
Hans Holzinger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen in Salzburg.

Politik ist immer die Kunst des Möglichen. Die Regierungspläne zur Steuerreform sind zwar nicht der große Wurf, aber zumindest ein guter Anfang.


Die steuerliche Entlastung mittlerer und unterer Einkommen ist ein Gebot der Stunde. Nicht nur weil damit mehr Einkommen zur Verfügung steht, sondern auch weil es die arbeitsintensiven Klein- und Mittelbetriebe entlastet. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes für Jahreseinkommen ab einer Million Euro von 50 auf 55 Prozent bringt zwar noch keine faire Einkommensverteilung, setzt jedoch ein richtiges Signal.

Es muss weniger lukrativ werden, derart hohe Gehälter zu zahlen, die nicht leistungsgerecht sein können.

Leider ausgespart wurde die Implementierung ökologischer Komponenten in die Steuerreform, allen voran höhere Abgaben auf klimaschädliche Erdölprodukte. Österreich erwachsen durch den Klimawandel laut einer Studie im Auftrag des Umweltministeriums jährliche Kosten von einer Milliarde Euro. Warum hier nicht gegengesteuert wird, ist volkswirtschaftlich unverständlich. Kurzfristig gedacht scheint auch das Festhalten am alten Wachstumskurs. Reife Ökonomien wachsen eben nicht mehr, weil sie so erfolgreich sind. Exponentielles Wachstum ist auf Dauer unmöglich - die Politik muss sich darauf einstellen.

Die Zunahme öffentlicher Schulden bei gleichzeitigem Anwachsen der privaten Vermögen gilt als strukturelles Problem, das (allein) durch sparsameres öffentliches Wirtschaften nicht gelöst werden kann. Die Schuldenbremse erfordert auch eine Vermögensbremse - am besten in internationalem Vorgehen. Die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben muss auf neue solide Beine gestellt werden. Die Auseinandersetzung um vermögensbezogene Steuern ist zu entideologisieren und von Lobbyinteressen zu befreien. Zahlreiche Befunde belegen, dass die zunehmende Konzentration des Vermögens in den Händen weniger volkswirtschaftlich schadet, weil sie der Wirtschaft Ressourcen entzieht. Bei entsprechender Argumentation der erforderlichen Maßnahmen sind die Vermögenderen durchaus bereit, das Land auch in eigenem Interesse aus der Krise zu führen, wie etwa die Steuerinitiative von Reichen in Deutschland zeigt. Die geplante Erhöhung der Kapitalertragssteuer (KESt) von 25 auf 27,5 Prozent ist daher ein Schritt in die richtige Richtung: Doch die Verfassungsbestimmung, dass die KESt maximal 50 Prozent des Spitzensteuersatzes betragen darf, ist zu hinterfragen. In der Schweiz bekommt der Fiskus zumindest 35 Prozent der Kapitalerträge der Bankkunden.

Der Kampf gegen Arbeitslosigkeit wird innovative Strategien der Neuverteilung des Erwerbsarbeitsstundenvolumens erfordern - vom Überstundenabbau bis hin zu neuen Wunscharbeitszeitmodellen. Schließlich werden wir europäische und globale Solidarmodelle gegen politische und soziale Krisen brauchen. Dass Menschen aus Nachbarländern bei uns betteln müssen und Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, widerspricht der Humanität, die europäische Eliten immer wieder als Wert hochhalten. Anzustreben sind weltweite Konzepte mit globalen Steuern, wohl wissend, dass die entscheidenden Akteure (G7-Staaten) derzeit nicht willens sind, solche Weltsteuern umzusetzen.

Das Europäische Jahr für Entwicklung 2015 könnte ein Anlass sein, darüber verstärkt nachzudenken. Denn für ein gedeihliches Zusammenleben auf diesem Planeten brauchen wir größere Entwürfe.