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Die Klub-Hopper-Herausforderung

Von Melanie Sully

Gastkommentare
Dr. Melanie Sully ist Politologin und leitet das in Wien ansässige Institut für Go-Governance.

In den Ausschüssen zeigt sich, dass das freie Mandat nicht absolut ist - manche veranlasst dies zum Parteiwechsel, der bei den Wählern nicht immer gut ankommt. Dem könnte man mit besserer Kommunikation entgegenwirken.


Politische Seitenwechsel in Parlamenten wie zum Beispiel in der Tschechischen Republik und in Rumänien sind nicht ungewöhnlich, obwohl es auch Länder wie Estland und Bulgarien gibt, die diese beschränken. Im kanadischen Parlament wiederum wurden Gesetzesentwürfe zum Verbot dieser Wechsel konsequent abgelehnt. In Neuseeland hat sich ein Gesetz zum Verbot von Wechseln im Parlament als undurchführbar herausgestellt und wurde wieder aufgegeben. Gegenstimmen befürchten Einschränkungen der Möglichkeit zu "legitimem Dissens", also Fälle, in denen Abgeordnete aus Überzeugung die Parteilinie ablehnen und austreten wollen oder die Partei vom Wahlprogramm, mit dem sie gewählt wurde, abweicht.

Aber oft ist es schwierig, die echten Gründe für den Wechsel zu eruieren: Mancher erwartet sich davon vielleicht einen wählbaren Platz auf der Parteiliste bei der nächsten Wahl. Es mag auch gewisse "Goodies" mit sich bringen, Teil einer Regierungspartei zu sein, zum Beispiel zusätzliche Redezeit im Plenum oder in den Ausschüssen. In Belgien beispielsweise werden nach solchen Wechseln die Ausschüsse nicht neu zusammengesetzt.

Der Wunsch eines Abgeordneten, seine Wähler in einer Regierungspartei besser vertreten zu können als in der Opposition, mag ein edler sein, doch die Öffentlichkeit könnte dies als blanken Opportunismus verstehen. Mandatare durch die parlamentarischen Gruppen sorgen für eine dynamische Interaktion zwischen Regierung und Opposition. Wechsel zu Regierungsparteien schwächen die Opposition und somit möglicherweise die Kontrollfunktion der Legislative. Das freie Mandat ist nicht absolut, wie die Tatsache bestätigt, dass die Klubs ihre Mitglieder in Ausschüsse schicken und aus diesen jederzeit wieder zurückziehen können. Dort sollen sie in der Regel im Sinne der Meinungen des jeweiligen Klubs verhandeln.

Wähler könnten unter Umständen einen echten einmaligen Wechsel in der Loyalität eines Abgeordneten akzeptieren, aber häufige Switches werden negativ aufgefasst. Der weitverbreitete Zynismus, dass Politik letztendlich nur aus Machtspielen besteht, wird noch bestärkt. Der durchschnittliche Wähler wird es am Ende auch schwerer haben, sich zu erinnern, zu welcher Gruppe ein politischer Nomade zu einem bestimmten Zeitpunkt gehörte.

Doch die derzeitige Besorgnis über die Klub-Hopper in Österreich wurzelt aus einem tieferen Unbehagen mit dem heimischen Polit-Leben. Ein Parlament, in dem rituelle Reden geschwungen oder vorgelesen werden und Abstimmungen kaum Überraschungen bieten, ist wenig inspirierend. Eine veränderte Politikberichterstattung der Medien mit aktiver Zuschauerbeteiligung, bei der sich die Politiker im Studio Live-Fragen stellen müssten, könnte wieder das Interesse der Bürger wecken. Die Architekten des Klub-Hopping könnten ihre Schachzügen erklären, für mehr Transparenz sorgen und hätten die Chance, wieder Vertrauen aufzubauen.