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Kooperation statt Mauern

Von Hans Holzinger

Gastkommentare
Hans Holzinger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen in Salzburg.

Auswege aus dem Flüchtlingsdrama sind dringend nötig - ein wichtiger Baustein dabei ist der Umgang mit den Herkunftsländern.


Allein im Südsudan gibt es laut Caritas mittlerweile vier Millionen Flüchtlinge. Nur ein Bruchteil davon schafft es ins reiche Europa. Dieses scheint dennoch völlig überfordert von der Zunahme an Asylsuchenden. Angesichts der Zuspitzung des Flüchtlingsdramas ist jede erdenkliche Hilfe aus der Bevölkerung nötig. Letztlich bleibt es aber Aufgabe der Staatengemeinschaft, geplant, überlegt, koordiniert und flächendeckend Lösungen zu finden und auch umzusetzen.

Spät aber doch scheinen die Regierungen aufzuwachen. Mittels eines "humanitären Visums" soll den Schleppern nun das kriminelle Handwerk gelegt werden. Manche sagen, das Schleppergeschäft sei mittlerweile lukrativer als das Drogengeschäft.

Auch die Festlegung von Aufnahmequoten lässt auf sich warten. Wie schwer es fällt, verbindliche Quoten festzulegen, zeigen nicht nur die sehr kontroversen Meinungen verschiedener EU-Staaten, sondern auch die Querelen und Schuldzuschreibungen zwischen Gemeinden, Ländern und Ministerien in Österreich. Während viele Kommunen vorbildhaft vorangehen, weigern sich andere noch immer, Flüchtlinge aufzunehmen. Das soeben verabschiedete Bundesgesetz, das dem Innenministerium die Zuweisung von Asylsuchenden ermöglicht, soll hier Abhilfe schaffen. Wir werden sehen, wie es funktionieren wird.

In die Zukunft blickend brauchen wir aber weitergehende Lösungen, die den Fluchtursachen auf den Grund gehen. Insbesondere geht es um wirtschaftliche Kooperation auf gleicher Augenhöhe mit Afrika, aber auch mit den Krisengebieten in Nahost, wo militärische Interventionen ja zum Entstehen der Machtvakuen beigetragen haben.

Schon lange warnen Experten vor der Verschärfung sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Krisen, die letztlich Gewalteruptionen befördern und zu Massenfluchtbewegungen führen. Schon lange fordern Nichtregierungsorganisationen daher einen "Global Marshall Plan" für Afrika und ein faires internationales Handelssystem. Passiert ist bisher wenig. Ja, nicht einmal Organisationen wie das UN-Flüchtlingskommissariat oder das UN-Ernährungsprogramm, die die unmittelbare Not von Menschen lindern sollen, können mit genügend Mitteln ausgestattet werden.

Der jährliche Vermögenszuwachs der zehn reichsten Familien in den USA beträgt laut Berechnungen mehr als die globale Entwicklungshilfe. Jener der Milliardäre Europas und anderer Kontinente steht dem wohl in nichts nach. Der Fluch des Geldes liegt offenbar in der Möglichkeit, dieses schier unbegrenzt zu horten, was bei materiellen Gütern unmöglich wäre. Damit wird Knappheit trotz großem Reichtum erzeugt - und auch Druck auf jene, die an den sozialen Rändern leben.

Das führt zum Paradoxon, dass reiche Gesellschaften sich schwer tun zu teilen. Natürlich spenden Menschen für humanitäre Zwecke. Gemeint und gefordert ist jedoch das kollektive Teilen, also ein demokratischer Konsens für die gebotene Umverteilung, um damit den Menschen bei uns die Ängste vor der sozialen Ausgrenzung zu nehmen und auch jene Mittel zu lukrieren, die eine EU- und weltweite Sozialpolitik einschließlich der Ausstattung der Hilfsorganisationen mit ausreichenden Mitteln sicherstellen.