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Nur Mut, die Richtung stimmt!

Von Gastkommentar von Petra Navara

Gastkommentare
Petra Navara ist Geschäftsführerin des Verbands für Gemeinnütziges Stiften (www.stiftungsbund.at).

Brachliegende Kapitalressourcen bringen Österreich zum Blühen. Das geplante Gemeinnützigkeitsgesetz ist ein sehr positiver Schritt der Regierung.


Wer einen Gastkommentar verfasst, will meist protestieren, kritisieren, korrigieren. Der Verband für gemeinnütziges Stiften will - diesmal - redigieren, appellieren, motivieren. Gemeinnütziges Stiften ist ein sehr altes Modell gesellschaftspolitischen Engagements. Die Kirchen haben Krankenhäuser gestiftet, der Adel hat Universitäten aufgebaut, und Industriemagnaten haben den sozialen Wohnbau geschaffen. Unter anderem. Während sich dieser Usus der Umverteilung in Deutschland, der Schweiz und dem Rest der westlichen Welt zur Tradition der Finanzierung von Innovation, Entwicklung und Wohlstand etabliert hat, ist er in Österreich qua versäumter oder verhinderter steuergesetzlicher Anreize versumpert. Bis jetzt.

Zurzeit befindet sich ein umfassendes Gemeinnützigkeitsgesetz in Begutachtung, das gemeinnütziges Stiften attraktiv machen soll, sodass Stifter, die unser aller Zukunft mitgestalten und Verantwortung übernehmen wollen, ohne steuerliche Zusatzbelastungen ihr privates Kapital in Umlauf bringen. Ab 2016 werden Gönner nicht mehr die doppelte Kapitalertragssteuer abliefern müssen, wenn sie gemeinnützige Institutionen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Soziales, Wissenschaft, Kunst und Kultur investieren wollen - und den staatlichen Haushalt damit ein Stück weit entlasten.

In Deutschland fördern Private gemeinnützige Projekte im Ausmaß von 15 Milliarden Euro jährlich, in der Schweiz sind es 1,5 Milliarden - in Österreich kamen bisher nur an die 25 Millionen der Gesellschaft zugute. Das neue Gesetz sei eine längst überfällige Selbstverständlichkeit, meinen Sie? Ich würde es als Kulturleistung unserer vielkritisierten Koalition bezeichnen, die acht Monate lang darüber verhandelt hat. Sie markiert eine Trendwende in der Interpretation der Begriffe Demokratie und Sozialismus, die nur noch Zentralismus und ein Festkrallen an der Verteilungsmacht bedeuteten; ein Meilenstein in der Entwicklung eines Verständnisses davon, was Zivilgesellschaft zu leisten willig und fähig ist.

Trotz Verspätung: ein Bravo zu dieser Innovation! Wenn dieses Gesetz durchgeht und die Angst vor dem eigenen Mut überwunden ist, kann der Gesetzgeber getrost die nächsten Schritte tun und die Mängel, die es noch aufweist, beheben: nicht immer nur den Steuerentgang bejammern, sondern den um ein Vielfaches höheren Umsatzzuwachs beziffern; die öffentlich rechtlichen Schulen als Begünstigte mit aufnehmen; die Obergrenzen der steuerlichen Absetzbarkeit fürs Stiften im Sinne des Gemeinwohls abbauen . . .

Dann bleibt österreichisches Kapital in Österreich. Dann wirkt totes Kapital als Motor für Entwicklung in unserem verschlafenen Land und unserer satten und gleichzeitig armen Gesellschaft. Dann bringt brachliegendes Kapital Österreich wieder zum Blühen. Eine Intervention, die wir so dringend brauchen, wie ein Flüchtling Zuflucht und eine Perspektive braucht.