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Der Wunsch ist der Vater des Gedankens

Von Heinz Kienzl

Gastkommentare
Heinz Kienzl war Generaldirektor der Oesterreichischen Nationalbank.

Warum der Euro noch lange nicht tot ist.


Das waren noch Zeiten, als der Dollar die globale Leit- und Reservewährung war. Heute sind die Währungsreserven der Notenbanken weltweit zu 24 Prozent in Euro angelegt, und Chinas Yuan wird bald eine wichtige Rolle auf diesem Feld spielen. Wenn Joseph E. Stiglitz jüngst in einem Kommentar in der "Wiener Zeitung" den Zusammenbruch des Euro vorhersagte, wie übrigens auch schon vor zehn Jahren, dann führt er als Grund einen Konstruktionsfehler des Euro an. Ganz allgemein ist Skepsis angebracht, wenn US-Ökonomen und -Zentralbanker den Euro abschätzig beurteilen. Wie manche Nationalökonomen, ob mit oder ohne Nobelpreis, hält Stiglitz den festen Wechselkurs, also den Verzicht auf Abwertungen, für den größten Konstruktionsfehler der Eurozone. Volkswirtschaften, die mit einem Leistungsbilanzdefizit ringen, ist mit der Wechselkursbindung der scheinbare Königsweg der Abwertung versperrt. Tatsächlich ist ja eine Abwertung nur ein Aufputschmittel, und Volkswirtschaften mit strukturellem Leistungsbilanzdefizit verzeichnen nach der Euphorie bald einen Katzenjammer. In Österreich gingen wir einen steinigeren, aber erfolgreicheren Weg: 1972/73 starteten wir eine Hartwährungspolitik, wir setzten den Wechselkurs aufgrund eines Währungskorbes fest, indem wir D-Mark, Franken, Lira, Pfund, Gulden und andere Währungen hatten, entfernten dann aber eine nach der anderen und floateten nur noch mit der D-Mark. Es gab viel Zweifel, ob unsere Exportwirtschaft stark genug sei, um diesen Wechselkurs halten zu können. Nicht nur Bruno Kreisky hatte Bedenken, sondern auch die jährliche Delegation des IWF. Finanzminister Hannes Androsch und die Nationalbank waren zuversichtlich, und wir hatten auch die Unterstützung von Anton Benya.

1978 brachte der zweite Ölschock den Showdown mit einem Leistungsbilanzdefizit von 4 Prozent. Was tun? Abwerten oder hart bleiben? Wir setzten auf die Stärke unserer Exportwirtschaft und ließen uns einiges einfallen. Wir propagierten Kurioses und sehr Ernstes, da gab es etwa die Idee für ein neues Fremdenverkehrsangebot mit geführten Wanderungen im Mittelgebirge, die schon im ersten Jahr 1,5 Milliarden Schilling einbrachten. Entscheidend für den Erfolg war die Industrie, die unerwartete Erfolge erzielte. Es war schier ein Dogma, dass unsere Nahrungsmittelindustrie international konkurrenzunfähig sei - auf einmal exportierten wir Tiroler Speck nach Hamburg und Manner-Schnitten nach New York. Zwei bis drei Jahre später verzeichneten wir sogar einen Handelsbilanzüberschuss.

Eine Volkswirtschaft, die sich nicht auf starke Institutionen stützen kann, hat natürlich größere Probleme, eine Wirtschaftspolitik durchzuführen, die außerordentliche Belastungen überwindet. Felix Butschek hat in mehreren Arbeiten darauf hingewiesen, wie wichtig starke Institutionen sind: ein effizienter Beamtenapparat, eine starke Gewerkschaft, eine stabile Regierung. Italien taumelte von einer Währungsabwertung in die nächste, wechselte auch die Regierungen wie die Hemden und erreichte doch nie das Ziel der Stabilität.

Professor Stiglitz wünsche ich ein recht langes Leben, dann könnte er in zehn Jahren dem Euro zum dritten Mal die Totenglocken läuten.