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Mit Mörsergranaten gegen Kurden

Von Mevlüt Kücükyasar

Gastkommentare
Mevlüt Kücükyasar ist stellvertretender Co-Vorsitzender des Rats der Kurdischen Gesellschaft in Österreich (FEYKOM).
© privat

Seit August 2015 werden dutzende kurdisch besiedelte Städte in der Türkei von türkischen Polizisten und Soldaten belagert.


Der türkische Staat geht mit größter Härte gegen Zivilisten und Kämperinnen und Käpfer der PKK- nahen YPS, der Einheit zur Selbstverteidigung von Zivilisten, vor. Angaben der türkischen Menschenrechtsorganisation (TIHV) zufolge sind bislang 224 Zivilisten – darunter viele Kinder und Frauen – ermordet worden.

Schätzungen zu Folge sind zwischen 200.000 bis 300.000 Menschen auf der Flucht, wobei eine Rückkehr nicht in Sicht ist. Zumal viele Stadtteile dem Erdboden gleichgemacht wurden und jegliche Infrastruktur wie Strom- und Wasserversorgung nicht mehr funktionieren.

Vor allem in der kurdischen Stadt Cizre, die eine Hochburg der HDP (Demokratische Partei der Völker) darstellt, geht der türkische Staat mit größter Härte gegen Rebellen und Zivilisten vor. Militärpanzer belagern viele Stadtteile, es wird mit Mörsergranaten auf Häuser geschossen. In einem dieser Häuser sind knapp dreißig Zivilisten achtzehn Tage in einem Keller festgesessen. Trotz allen Vermittlungsversuchen der HDP und Proteste vieler zivilgesellschaftlicher Bewegungen, wurde kein Krankenwagen in diesen Stadtteil gelassen. Letzte Nacht berichteten türkische Medien über die Tötung von eben diesen Zivilisten.

Dieser Anschlag ereignete sich nach dem Ministerpräsident Ahmet Davutoglu kürzlich einen Zehn-Punkte-Plan zur Bekämpfung des Terrorismus vorgestellt hatte. Das Ziel sei es, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln die öffentliche Ordnung wieder herzustellen - koste es was es wolle. Wer auch immer diese "öffentliche Ordnung" gefährdet, soll daran verhindert werden. Und zum wiederholten Male zählte er die PKK und den IS als Terrorgefahr auf.

Auch passierte dieser Anschlag zeitgleich mit dem Besuch der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in der Türkei. Merkel ist als Bittstellerin in der Türkei und will die Regierung in Ankara überreden, die Grenzen zur EU abzudichten. Die EU ist an der Lösung der Flüchtlingskrise gescheitert und die Türkei soll die Rettung bieten. Während die Türkei aufgrund eines Bürgerkriegs zerbricht, kann man nicht allen Ernstes erwarten, dass Sie die Flüchtlingsklemme der EU löst.

Man kann gespannt sein, ob Kanzlerin Angela Merkel, die ja vielerorts als Repräsentantin der EU gesehen wird, sich zu dieser Gewaltpolitik gegen Kurden, kritische Journalisten und Oppositionelle äußert. Viel wahrscheinlicher ist es aber, dass sie weiterhin den undemokratischen Vorgang des Erdoğan-Regimes duldet und keinerlei Position bezieht. Diese schmutzige Politik Erdogans wird den Bürgerkrieg in der Türkei noch mehr vertiefen und die Flüchtlingskrise verschärfen. Das Schweigen der EU unterstützt Erdogans erbarmungslosen Krieg gegen Kurden und andere politische Gegner.