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Ein Silberstreif in der Westukraine

Von Franz Schausberger

Gastkommentare
Franz Schausberger war Landeshauptmann von Salzburg und ist Vorsitzender des Instituts der Regionen Europas.

Die Region profitiert von der katastrophalen Situation in der Ostukraine und in Kiew. Die Wirtschaft boomt geradezu.


Die Oligarchen drehen den Daumen nach oben oder nach unten. Das alleine entscheidet in der Ukraine, ob die Regierung im Amt bleibt oder nicht. Präsident Petro Poroschenko ist auch ein Oligarch - in Sachen Schokolade. Tatsache ist, dass bei der jüngsten Vertrauensabstimmung im Parlament die Regierung nach der offiziellen Rechnung keine Mehrheit mehr hatte, aber dann doch das Misstrauen knapp nicht ausgesprochen wurde. Auffällig war, dass kurz vor der Abstimmung bei vielen Abgeordneten jener Parteien, die aus der Koalition ausgeschieden waren, das Handy läutete. Kenner der Situation sprachen von ansehnlichen Beträgen, die für eine Vertrauensstimme geboten wurden. Die Regierung bleibt vorerst im Amt, da eine Vertrauensabstimmung erst im Herbst wieder möglich ist. Die Oligarchen haben es so entschieden.

Nicht ohne Grund gab der aus Litauen gebürtige Wirtschaftsminister kürzlich auf. Er scheiterte am Widerstand der Korruptionisten gegen seine Reformpläne. Solange das Diktat der Oligarchen nicht gebrochen wird, können Deutschlands und Frankreichs Außenminister noch so rügen und mahnen, es wird sich nichts ändern. Die Majdan-Opfer waren bisher umsonst.

Ein schmaler Silberstreif am Horizont zeigt sich in der Westukraine. Die Region profitiert überraschend von der katastrophalen Situation in der Ostukraine und in Kiew. Die Wirtschaft boomt geradezu. Immer mehr Investoren und Veranstalter kommen nach Lemberg. Kaufkräftige Ukrainer aus der umstrittenen Ostregion suchen dort qualitativ hochwertige Wohnungen. Auch rund 30.000 Flüchtlinge aus der Ostukraine brauchen dringend Wohnraum. Die Ostukrainer waren früher immer wohlhabender als die Westukrainer, die Löhne dort 1,5 Mal höher als in Lemberg. Das Donezk-Gebiet wies eine positive Entwicklung auf, hatte besondere Steuerprivilegien und profitierte von Bergbau und Stahlindustrie. Das ist jetzt vorbei.

Lemberg - eine Flugstunde von Wien entfernt - mit 700.000 Einwohnern und jährlich zwei Millionen Touristen will künftig auf Konferenzen und Kongresse setzen und plant ein neues Kongresszentrum für 3000 Personen. Einen modernen, neuen internationalen Flughafen und ein neues Stadion gibt es bereits. Eine große neue Chance tut sich hier für internationale Hotelketten auf. Waren vor einigen Jahren die Straßen noch spärlich beleuchtet, strahlen nun auch die Gässchen hellerleuchtet, zahllose neue Cafés und Shops sind entstanden, die Straßen sind perfekt sauber, die Stadt lebt, vor allem auch abends. Vom Krieg in der Ostukraine merkt man nichts, im Gegenteil - abgesehen von den vielen Fotos junger Männer aus Lemberg, die in diesem sinnlosen Krieg gefallen sind.

Lembergs Bürgermeister Andriy Sadovyy, inzwischen fast zehn Jahre populäres Stadtoberhaupt, hat die von ihm 2004 gegründete gesellschaftliche Vereinigung "Samopomitsch" ("Selbsthilfe") 2013 zu einer Partei gebildet, die bei der vergangenen Parlamentswahl auf Anhieb drittstärkste Kraft wurde. Aus der Regierungskoalition ist er inzwischen ausgetreten, weil er einen anderen Weg fernab von Korruption gehen möchte. Er will das Land ohne Oligarchen erfolgreich aufbauen und ist deshalb deren erklärtes Feindbild. Ein Politiker und eine Partei, die man sich wird merken müssen.