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Die OMV braucht einen neuen Kurs

Von Georg Günsberg

Gastkommentare
Georg Günsberg ist als unabhängiger energie- und klimapolitischer Konsulent in Wien tätig.

Fossile Energie nach dem Pariser Klimaabkommen: Transformation oder Untergang.


Der fossile Energiesektor ist im Umbruch. Massive Umsatzeinbußen, hohe Abschreibungen und ein deutlicher Rückgang der Neuinvestitionen infolge des Ölpreisverfalls belasten die Bilanzen der viele Jahre profitverwöhnten Unternehmen. Die aktuellen Hauptversammlungen börsennotierter Öl- und Gaskonzerne machen deutlich, dass auch von anderer Seite mehr Druck kommt. Ob bei Exxon, StatOil oder OMV: Immer mehr Shareholder verlangen von den fossilen Energiekonzernen Strategien, die mit dem Klimaabkommen von Paris in Einklang stehen. Wird das Ziel der internationalen Staatengemeinschaft ernst genommen, die Erderwärmung auf ein beherrschbares Maß von deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst unter 1,5 Grad zu begrenzen, ist der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger notwendig. Dafür ist es unabdingbar, weite Teile der bekannten förderbaren fossilen Ressourcen ungenutzt im Boden zu belassen. Laut Berechnungen etwa der Internationalen Energieagentur muss spätestens ab 2020 der Ölverbrauch sinken.

Die globale Weltwirtschaft ist unbestritten noch immer stark abhängig von Erdöl. Aus Sicht vieler Ölkonzerne bleibt alles beim Alten: Business as usual mit veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen, aber global steigender Nachfrage. Aus Perspektive der Klimaziele ist aber ein Absinken der Nachfrage nach Erdöl zentral. Nicht nur das Ausmaß, sondern auch das Tempo der Emissionsreduktion ist dabei entscheidend. Im Mobilitätsbereich - immerhin für zwei Drittel des globalen Erdölkonsums verantwortlich - kündigt sich durch die Elektromobilität bereits eine Revolution an, welche die scheinbar selbstverständlich anhaltende Ölabhängigkeit in Frage stellt. Infolge des Ölpreis-Crashs ist der Aktienwert der 300 größten börsennotierten Öl- und Gasunternehmen seit Mitte 2014 um knapp 40 Prozent gesunken. Seit Jänner 2015 sind 67 größere Öl- und Gasförderunternehmen in die Zahlungsunfähigkeit geschlittert. Die Hoffnung der Ölbranche, dass die aktuelle Tiefpreisphase nur Teil eines wiederkehrenden Zyklus ist, könnte sich als Trugschluss erweisen.

Die OMV hat ihre Preisprognosen mittlerweile deutlich angepasst und die Werte nach unten revidiert. Ein erster Schritt. Doch die Kernfrage wird sein: Versteht sich Österreichs größter Mineralölkonzern (und sein zu 31,5 Prozent staatlicher Eigentümer) in der Klimafrage als Teil der Lösung oder als Teil des Problems? Die aktuelle Strategie der Konzernführung lässt Letztgenanntes befürchten. Während einige Ölkonzerne wie der dänische Konzern Dong Energy oder auch Shell und Total verstärkt in erneuerbare Energie investieren, spielt dies für die OMV nur eine marginale Rolle.

Dabei bietet die Transformation des Energiesektors auch für die fossile Energieinfrastruktur neue Möglichkeiten. Unter dem Stichwort "Sektorkopplung" wird die Integration von Strom, Wärme und Mobilität auf Basis erneuerbarer Energie eines der zentralen Infrastrukturprojekte der Zukunft sein. Dafür braucht es jetzt entsprechende Weichenstellungen. Denn ohne eine Anpassung an die Erfordernisse der Zukunft droht der Tanker samt seiner Assets zu stranden.