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China sucht die Konfrontation

Von Friedrich Korkisch

Gastkommentare
Friedrich Korkisch leitet das Institut für Außen- und Sicherheitspolitik in Wien.

Peking begründet seine Ansprüche auf Gewässer im Westpazifik mit dem Besitzstand früherer Jahrhunderte.


Das UN-Schiedsgericht in Den Haag hatte am 12. Juli die Gebietsansprüche Chinas als rechtlich unbegründet abgelehnt und bestätigt, dass China die Hoheitsgewässer der Philippinen verletzt habe; das Urteil wurde aber von Chinas Präsident Xi Jinping als "irrelevant" bezeichnet, denn das Meer wäre "seit der Antike chinesisches Territorium".

Damit ist wieder erwiesen, dass sich einige Mächte nicht an internationales Recht halten müssen, und China und Russland haben erklärt, solche Urteile nicht mehr anzuerkennen. Wenn man im Jahr 2016 Ansprüche mit antiken Besitzständen begründet, könnte etwa Italien Frankreich beanspruchen oder die Mongolei Teile von Russland und China.

Damit wird der nunmehr seit rund 30 Jahren anhaltende Seestreit nicht nur fortgeführt, sondern er verschärft sich, weil es in Zukunft nicht mehr allein um die Senkaku-, Paracel- und Spratly Inseln geht, sondern auch um chinesische Wirtschaftsinteressen in den Hoheitsgewässern von Südkorea, Japan, Vietnam, Indonesien oder Brunei, um die erklärte Nichtanerkennung des geltenden Seerechtes, um die demonstrative Aneignung internationaler Gewässer und Seestraßen. Und es geht auch um den beginnenden Zusammenbruch von internationalen Ordnungsmechanismen, die von einigen Staaten seit Jahren nicht mehr beachtet werden, sei es von Russland in der Arktis oder von einigen Staaten in Afrika.

Noch bedenklicher ist aber, dass China diese Ansprüche auch militärisch abzusichern beginnt - etwa durch künstliche Inseln mit Flugplätzen und Fliegerabwehrsystemen -, in den vergangenen Monaten laufend japanische Hoheitsgewässer verletzt hat und nun provozierend Fischereischiffen Begleitschutz gibt. Große chinesische Fischereischiffe arbeiten bis Argentinien und im Nordatlantik. Rigorose Gegenmaßnahmen, wie Beschlagnahmung und Versenkung solcher Schiffe, wie etwa durch Indonesien, werden zunehmen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es zu Zwischenfällen mit Waffeneinsatz kommt. China sucht bewusst solche Konfrontationen, um seine Ansprüche auch "aktuell" nachhaltig begründen zu können.

Dass chinesische Kriegsschiffe im Mittelmeer an Übungen teilnehmen, ist neu, auch dass China Bergwerksrechte in Grönland und Island erwarb, laufend europäische Spitzenunternehmen (und deren Patente) kauft und die EU hilflos dabei zusieht. Europa soll durch eine "neue Seidenstraße" ökonomisch aufgerollt werden, dazu gehören neo-chinesische Häfen, wie etwa Piräus bei Athen, Banken und Tarnfirmen; Europa ist also auch ein Komplize.

Dass die deutsche Regierung nicht eingeschritten ist, als eine dubiose Firma im heurigen Frühjahr den ehemaligen Militärflughafen Hahn kaufen wollte, um dort ein Konkurrenzunternehmen zum Flughafen Frankfurt zu errichten, war wohl auf eine politische Überforderung Berlins zurückzuführen. Es gibt keine "Europäischen Interessen", auch kaum nationalstaatliche - die Folgen daraus könnten mangels strategischem Durchblick und fehlender Weitsicht einschneidend sein. Ein Krieg im Westpazifik könnte außerdem rasch auf Europa durchschlagen.