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Von den Pisa-Gewinnern lernen

Von Beatrice Audétat

Gastkommentare
Beatrice Audétat ist Webdesignerin und Vorsitzende des Förderverbands Freier Schulen und Teil der Initiative Finanzielle Gleichstellung für Freie Schulen.

Die Bildungsministerin wagt erste Schritte in Richtung Freiheit. Gut so, aber zu zaghaft.


An fehlenden Exkursionen Richtung Norden kann es nicht liegen. Denn zuhauf sind österreichische Bildungsexperten in die Länder der Pisa-Gewinner gereist, um deren Konzepte zu studieren. Kaum zurück in Österreich, wurde ein Vorhaben nach dem anderen aus Rücksicht auf die Lehrergewerkschaft oder den Regierungspartner wieder einkassiert.

Dabei müssten wir nur von den Besten lernen: Der aktuelle Pisa-Gewinner Estland hat zum Beispiel längst für eine finanzielle Gleichstellung privater und öffentlicher Schulen gesorgt und fördert unter staatlicher Kontrolle das Entstehen pädagogischer Vielfalt. Statt Schema F werden Begabungen erkannt und Potenziale gehoben. Oder Finnland, das Land mit der weltweit niedrigsten Analphabetenrate: Dort werden private wie öffentliche Schulen ebenso zur Gänze vom Staat finanziert. Die Einhebung von Schulgeld ist verboten, statt teurer Eliteschulen müssen alle Schulen die staatlichen Bildungsziele erreichen, der Weg dorthin ist den Schulen freigestellt. Die Lehrer sind bestens ausgebildet, didaktische Spezialisten und genießen in Finnland höchstes Ansehen. Sie haben echte pädagogische Freiheit und wissen sie auch anzuwenden.

Freiheit setzt Kompetenz voraus.

Das wurde in den skandinavischen Ländern verstanden. Und in Österreich? Eine echte Reform der pädagogischen Ausbildung wurde ausgespart, Bildung wird weiterhin vererbt und positiver Wettbewerb unter Schulen verhindert. Schulen in freier Trägerschaft (Waldorf- und Montessori-Schulen etc.) erhalten nur ein Zehntel jenes Geldes, das der Staat für öffentliche und konfessionelle Schulen aufbringt. Dabei leisten diese Schulen seit Jahrzehnten Pionierarbeit. Das Aufbrechen der 50-Minuten-Einheiten, Schulautonomie und Ganztagsunterricht sind in diesen Schulen längst erprobte Praxis. Wo wären all die Montessori-Einflüsse, wo wäre die Stärkenfokussierung in den staatlichen Schulen, wenn nicht die Freien Schulen diese Innovationen über Jahrzehnte angeschoben hätten?

Um sich gegen die finanzielle Ungleichbehandlung zu wehren, haben 38 nichtkonfessionelle Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht beim Verfassungsgerichtshof einen Individualantrag auf Gleichstellung eingebracht. Warum das wichtig ist? Weil Wettbewerb und schulische Vielfalt unter staatlicher Kontrolle alle Schulen besser machen.

Von den Pisa-Gewinnern lernen heißt, dass der Staat private und öffentliche Schulen in gleicher Höhe fördert, denn dann können Eltern entscheiden, wo ihre Kinder hingehen, und durch den Wettbewerb steigt das Leistungsniveau. Wichtig ist, dass der Staat verbindliche Bildungsziele vorgibt und deren Einhaltung überprüft. Dass das funktioniert, haben die Niederländer vorgemacht.

Die Bildungsreformkommission hat sich bereits für die Gleichstellung der Freien Schulen mit den konfessionellen Privatschulen ausgesprochen, die Empfehlung wurde von Bildungsministerin Sonja Hammerschmid ignoriert. Sie bräuchte für Vorzeigeschulen nicht das Land zu verlassen. Sie könnte jederzeit für ein erfolgreiches, vielfältiges Schulsystem sorgen - und zwar ganz ohne Delegationen und Reisekosten.