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Politiker, Jobs und Berufe

Von Franz Witzeling

Gastkommentare
Franz Witzeling ist Soziologe und Psychotherapeut. Er war Leiter des Humaninstituts in Klagenfurt (www.humaninstitut.at). Foto: privat

Job oder Beruf, wo ist da der Unterschied? Aus der Hüfte geschossen interpretiert, könnte man sagen: Kapital ist mit einem Job gekoppelt, Beruf als Berufung ist mit Selbstverwirklichung und Bildungsniveau, basierend auf dem Leitsatz vom lebenslangen Lernen, verbunden. Im Ergebnis der meisten Befragungen die Qualität die Politik betreffend, steht die Forderung nach Arbeitsplätzen neben der Gesundheit an oberster Stelle. Und in politischen Diskussionen werfen die Diskutanten unterschiedlicher Parteien einander divergente Statistiken um die Ohren aus der Motivation heraus, das bessere Konzept für den Arbeitsmarkt zu haben.

Arbeit ist nicht gleich Arbeit. Speziell in der industriellen Fertigung werden zeitbegrenzt Hilfsarbeiter in den Arbeitsmarkt integriert, wo in erster Linie der Blick in die Lohntüte maßgeblich ist, wenn es darum geht, den einen oder anderen Job anzunehmen. Beruf als Berufung wird mehr mit Qualifikations- und Bildungsgrad assoziiert, die von Zahl oder Anteil her in keinem Verhältnis zur Masse der Arbeitsuchenden steht. Bezieht man noch mit ein, dass speziell internationale Konzerne ihre Standorte sofort auslagern, wenn ihnen etwas nicht passt, sieht das Management der regionalen Arbeitsplatzpolitik wieder fragiler, als manche Politiker es den Bürgern vormachen wollen.

"Die Politik schafft keine Arbeitsplätze, sie soll nur die Rahmenbedingungen bieten." Dieses und ähnliche Statements hört man immer wieder von Politikern. Aber bestimmt der Mensch (Politiker) die Rahmenbedingungen oder wird er von den Rahmenbedingungen bestimmt? Begibt man sich wieder auf den Boden der Realpolitik, indem man offenen Auges die Vernetzungen zwischen wirtschaftlichen und politischen Interessen wahrnimmt, so merkt man, dass so manche Aussagen von Politikern in Richtung Arbeitsplatzsicherung rein propagandistisch zu werten sind.

Im Wettlauf um die immer rarer werdenden attraktiven Wirtschaftsstandorte wird mit allen möglichen steuerlichen und lobbyistischen Aktionen seitens der Gemeinden gearbeitet. Immer mehr Misstrauen anstelle von Vertrauen macht sich unter den Betroffenen breit. In diesem Zusammenhang sind die Politikverdrossenheit und der Zulauf zu politischen Randgruppen sowohl links als auch rechts nachvollziehbar.

Arbeit ist mehr als bloße Beschäftigung oder die Grundlage für ein Einkommen, mit dem man auch in einer konsumüberladenen Gesellschaft auskommen soll. Die Arbeitszufriedenheit ist die Drehscheibe für die generelle Bewertung der Lebensqualität und mit dem Selbstwertgefühl zentral gekoppelt. Das bedeutet, dass neben Umsatz, Gewinn Wettbewerb und Rationalisierung - um nur einige bekannte assoziierte Begriffe zu nennen - auch das weite Feld des Sozialkapitals dringend ins Wirtschaftsleben zu integrieren ist.

Sozialkapital und die damit verbundene Arbeitszufriedenheit sind, so das Ergebnis ausgedehnter Feldforschung auf dem Gebiet der Arbeitspsychologie, wichtige Gründe für geringe Fluktuation in der Belegschaft und eine Motivation dafür, einen Job anzunehmen. Sozialkapital ist also das Gütesiegel für eine qualifizierte Anstellung, die der Arbeitnehmer als Berufung empfindet, ohne die Tage bis zum nächsten Urlaub oder bis zur Pension zu zählen.