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Die Chance auf einen Paradigmenwechsel

Von Karl Pangerl

Gastkommentare
Karl Pangerl ist BHS-Lehrer in Oberösterreich, Unesco-Schulreferent und war Mitglied des Europa-Forums Alpbach.

Das neue "Hydrogen Council" in der Mobilitäts- und Energiebranche könnte die Wende vom Erdöl- zum Wasserstoffzeitalter einleiten. Freilich ist nun die Politik gefordert.


Beim Weltwirtschaftsforum in Davos ist Epochales geschehen, das Europa als Lebens-, Kultur- und Wirtschaftsraum eine ungeheure Chance bietet: 14 Unternehmen aus der Mobilitäts- und Energiebranche haben sich zum "Hydrogen Council" zusammengeschlossen und wollen dem Wasserstoff als Antriebstechnologie zum Durchbruch verhelfen. Dies könnte die Wende vom Erdöl- zum Wasserstoffzeitalter und damit einen grundlegenden Paradigmenwechsel einleiten: Ersteres stand rund um den Fokus Mobilität im Zeichen von Fortschritt, Wachstum, Freiheit, führte aber auch zur Konsum- und Wegwerfgesellschaft. Letzteres steht im Zeichen des Wassers: Wasser ist Leben - es geht also darum, das Leben selbst in all seinen Formen zu fördern und Ressourcen optimal zu nutzen. Es geht um Verbrauchsminimierung gegenüber Nutzenoptimierung.

Wenn aber Autos ihre Energie selbst aus Wasserstoff herstellen können, kann das in Zukunft prinzipiell auch jedes Haus. Damit würden große Kraftwerke überflüssig, Flüsse könnten rückgebaut und renaturiert werden, damit könnte man auch stärker auf Hochwasserschutz und Ökosysteme Rücksicht nehmen; gleichzeitig ließen sich angesichts sich verstärkender Klimagegensätze Versorgungsstränge von Wasserüberschussgebieten in Wassermangelgebiete legen (sogar innerhalb Österreichs - etwa nach Süd- und Ostösterreich). Der Einzelne bekäme damit wieder die Chance, Lebenssinn aus einer gelungenen Mensch-Mensch- wie auch Mensch-Umwelt-Beziehung zu generieren, weil er selbst es in der Hand hätte, diese bewusst zu gestalten. "Green Citys" könnten die Lebensqualität fördern, der Konsum würde stärker im Zeichen von Gesundheit und Nachhaltigkeit stehen und noch vieles mehr. Kurzum: Durch die Entscheidung dieser 14 großen Konzerne besteht nun die Chance, dass sich all die Initiativen der vergangenen zwei Jahrzehnte zu einem schlüssigen, sinnstiftenden Ganzen fügen, bei dem der Digitalisierung jene dienende Rolle zukommt, die sie verdient, die ihr aber gerade dadurch auch einen positiven Sinn zu geben vermag (im Gegensatz zur Datenfixierung, die vor allem Selbstzweck und Scheinfortschritt ist).

Jetzt kommt es darauf an, dass die Politik die Initiative durch entsprechende lenkende Steuerreformen aufgreift. Angesichts der beteiligten Firmen könnten Europa, Japan und Südkorea Vorreiter sein - aber etwa auch Israel, der Iran oder die Emirate mit dem Thema Wasser im subtropischen Trockengürtel. Russland hat riesige Wasserressourcen und könnte zu einem zentralen Versorger von China bis zum Kaspischen und Schwarzen Meer aufsteigen.

Auch die Lohnpolitik erhielte eine neue Facette: Hilft jeder durch sein Handeln Ressourcen optimal nutzen, könnte jeder ein Grundeinkommen erhalten, von dem die Fixkosten abgezogen würden; je mehr Ersparnis, desto mehr bliebe für Investitionen, darüber hinaus könnte beruflich dazuverdient werden.