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Trump ist da. Ganz un-postfaktisch

Von Isolde Charim

Gastkommentare
Isolde Charim ist Philosophin und Publizistin und arbeitet als wissenschaftliche Kuratorin am Kreisky Forum in Wien. Foto: Daniel Novotny

Und was bleibt uns? Nur die Dialektik.


Die Angelobung Donald Trumps findet nun wirklich, ganz un-postfaktisch, ganz real und ganz unabwendbar statt. Und die Stimmung ist düster. Es ist ein Schwarzmalen ohne Ende. Selbst Stimmen der Vernunft zeichnen die Zukunft in den düstersten Farben: Trump und Putin werden gemeinsam die EU zerstören. Und am Ende wird eines stehen - Krieg.

Will man nicht solchen Depressionen anheimfallen, bleibt einem nur das Christentum oder die Dialektik: Beiden erwächst das Heil aus dem Durchgang durch das Negative. So hatte etwa der Großmeister der Dialektik, Slavoj Zizek, dazu aufgerufen, Donald Trump zu wählen. Nicht aus Begeisterung oder Zustimmung, sondern weil dessen Sieg ein großes Erwachen für die Linke bedeuten würde. In einer dialektischen Verkehrung würde gerade Trump, durch die Opposition gegen ihn, neue politische Prozesse auslösen. Er würde alles in die Luft sprengen und damit ein anderes, ein "authentisches" Regime ermöglichen.

Dieser Hoffnungsschimmer, diese Verkehrung der Trumpschen Bedrohung in Hoffnung, hat sich schon zu regen begonnen. Eine Regung jedoch, die nicht nur etwas anders ist, als Zizek sich vorgestellt hat - sondern auch noch um einige Volten dialektischer als der Großmeister.

Das derzeitige Weltwirtschaftsforum in Davos steht nicht nur im Banne, sondern auch in Abwehr des abwesenden Trumps. So wurden beim Treffen der führenden Wirtschaftseliten ganz neue Töne angeschlagen. WEF-Gründer Klaus Schwab etwa oder Christine Lagarde warnten ganz sozialkritisch vor der wachsenden Ungleichheit.

Trump und Davos - Palastrevolutionen; wo man hinschaut. Erst melden sich die Abgehängten, die Globalisierungsverlierer, zurück - nicht etwa durch eine soziale Revolte, sondern durch einen US-Präsidenten. Und nun kommt die Antwort darauf aus Davos - dem neuen Hort der Sozialkritik. (Natürlich auch von der Straße, etwa dem "Women’s March").

In diesen ganzen Verkehrungen hat aber einer den Vogel abgeschossen, die spitzeste dialektische Volte hingelegt: Anthony Scaramucci, ehemaliger Goldman-Sachs-Banker, der Trump in Davos vertrat. Und da muss man sagen: Er ist ganz der Diener seines Herrn. Nicht nur hat er am Wettrennen um die lauteste Stimme für die 97 Prozent, die nicht zur Elite gehören, teilgenommen - sondern zugleich hat er den Eliten auch versichert, sie bräuchten sich keine Sorgen zu machen. Er hat diese Beruhigung damit untermauert, dass Trump Unternehmer sei und Unternehmer würden eben "bestehende Strukturen zerschlagen und durchbrechen". Etwa den Freihandel? Wobei der Protektionist Trump ihm zur großen Hoffnung, ja zum Retter der Globalisierung geriet.

Wem da noch nicht schwindlig war, den versorgte Scaramucci mit dem Gipfel seiner Beruhigungs- und Goodwilltour. Dem versammelten Publikum, das in Sorge und Angst ist vor dem, was die Präsidentschaft Trumps bringen wird, erklärte er frei heraus: Die wahre Gefahr sei ein linker Populismus. "Ein solcher könnte sehr schädlich für die Welt werden." Meinte er den vergangen von Bernie Sanders? Oder meinte er, darin der Zizekschen Dialektik folgend, einen zukünftigen - jenen Populismus, den Trump als Reaktion gegen ihn erst hervorrufen werde?