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Kennt Donald Trump "Heidi"?

Von Marco Büscher

Gastkommentare
Marco Büscher ist Diplom-Betriebswirt und Unternehmensberater mit Fokus Kommunikation, Japan, China und Kapitalmärkte.
© Delf D. Danckwerts

Keine USA-Einreise trotz Oscar-Tickets? "Home is where your heart is."


Das Kino - gleich, ob groß oder klein - lebt vom Film, von Kinomachern, von Emotionen, von Menschen; die Reihenfolge ist variabel. Auch im kleinen Kino fühlen sich viele Menschen wohl. Es kann dort so schön kuschelig und romantisch sein.

Am 26. Februar werden in Los Angelos die 89. Academy Awards verliehen. Mit von der diesjährigen Partie im Rennen um die Oscars ist die Tragikomödie "Toni Erdmann" mit Peter Simonischek, eine deutsch-österreichische Koproduktion unter der Regie von Maren Ade.

Die Oscar-Verleihung: Großes Kino - anstelle von Romantik. Blitzlicht-Gewitter und Kreisch-Alarm vor dem Showdown. Die Weltmedien am roten Teppich, für wohl weit mehr als eine Milliarde Menschen - Werbung und Kommunikation für Filmschaffende. Das Publikum darf applaudieren. Trotz oder wegen des Glamours und des Geschäftlichen wirken auch dort große Emotionen: Vorfreude, Erwartungen - manchmal aber auch Ängste, Sorgen und Tränen.

Aktuell wird die diesjährige Oscar-Verleihung von weltweiten Protesten gegen den neuen US-Präsidenten Donald Trump überschattet. Selbst Arnold Schwarzenegger, Hollywood-Star und republikanischer Ex-Gouverneur von Kalifornien, kritisierte, das Weiße Haus habe völlig überstürzt gehandelt. Aufgrund der von Trump verhängten Einreiseverbote hat der iranische Regisseur Asghar Farhadi seine Teilnahme an der heurigen Oscar-Verleihung bereits abgesagt, ebenso seine Hauptdarstellerin Taraneh Alidoosti. Farhadi erklärte in Teheran zu seiner Absage, wegen des Einreiseverbots sei für ihn ein Besuch bei der Oscar-Gala in den USA unter keinen Umständen akzeptabel.

Der nominierte deutsche Kurzfilm "Watani: My Homeland", der die Flucht einer syrischen Familie nach Deutschland kennzeichnet, ließ durch den Dokumentarfilmer Marcel Mettelsiefen, der mit der Protagonistin seines Films die Syrerin Hala Mitte Februar nach Washington und Los Angelos bringen wollte, verlauten: "Jetzt sind alle Reisepläne auf Eis gelegt." Mettelsiefen selbst will dennoch teilnehmen, denn: "Ein Boykott wäre ein falsches Zeichen. Es zeichnet sich Widerstand ab. Das wird eine politische Veranstaltung."

Die Relationen im Auge behalten

Die Schweiz darf sich aktuell sogar Hoffnungen auf mehrere Oscars machen. Während der 52. Solothurner Filmtage 2017 - die ein in der Schweiz bedeutendes Branchentreffen der dortigen Filmemacher und zudem eine wichtige Publikumsveranstaltung sind - hat man in der vergangenen Woche so viele Oscar-Nominierungen wie noch nie umjubelt. Mit "Ma vie de courgette" und "La femme et le TGV" wurden in Los Angeles gleich zwei Schweizer Produktionen ins Rennen um einen Oscar geschickt, mit "I Am Not Your Negro" ist auch noch eine Schweizer Koproduktion mit dabei.

Kritisch zu hinterfragen ist unterdessen: Reicht die Kommunikationsbrücke des Schweizer Films von den Eidgenossen bis ins weltberühmte Dolby Theatre in den von Trump regierten USA? Kann die hochgeschätzte Schweizer Diplomatie helfen?

Auf der Titelseite einer Schweizer Tageszeitung war in der vergangenen Woche zu lesen: "Neues Ticketsystem verärgert Solothurner Filmtagebesucher - technische Probleme sorgen für Unmut bei Filmfans und Organisation." Und unter diesem Aufmacher eine Karikatur von US-Präsident Donald Trump mit der Bildunterschrift: "Fact you!!!" Ein Ruf nach alternativen Fakten? Allerdings berichtete auch der SRF: "Besucher kritisieren das neue Ticketing". Immerhin war die Filmtage-Direktorin bemüht, zum Ticketing die Relationen im Auge zu behalten, und erklärte: "Für mich ist es eher eine Katastrophe, dass Trump am Freitag das Amt angetreten hat."

Kommunikation kann mehr als Twitter

Es ist nicht bekannt, ob der amtierende US-Präsident ein Fan des Schweizer Films ist. "Heidi" ist ein Heimatfilm. Da gibt es oft auch ohne Publikum und ohne einen Oscar Applaus. Mehr als 140 Zeichen inneres Twittern, ganz nah, ohne Follower, die unbedarft etwas meinen oder dazu tun könnten. Eben Kommunikation im Inneren. Kommunikation kann mehr als Twitter. Manchmal weinen Menschen, auch vor Glück. Der Empfänger bestimmt die Botschaft. Wenn der Film aus ist, wissen oder spüren wir manchmal ganz nah: "Home is where your heart is."

Im Vorjahr sprach ein Schweizer Bundesrat in seiner Eröffnungsrede der Solothurner Filmtage von den Alpen, die auch ein Leitmotiv des Schweizer Selbstverständnisses seien, sie hätten vorgeblich massiv auf das Wesen der Schweizer abgefärbt. Der "Homo alpinus" sei "gesund und kräftig, redlich und gerecht, mutig und tapfer" - und "natürlich bescheiden", zitierte er einen Naturforscher aus dem 17. Jahrhundert.

Was würde wohl Trump wittern, twittern, empfangen oder zurückgeben, nachdem er "Heidi" gesehen hätte? Vielleicht: "A great movie! My family and me were crying. Warmhearted. From now on I will be a peaceful grand-father, like the Alm-Öhi." Was würde ein solcher Tweet für den Oscar, die USA und die Welt bedeuten?