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Der Wohlfahrtsstaat und die Vereine

Von Armin Tschurtschenthaler

Gastkommentare
Armin Tschurtschenthaler hat Betriebswirtschaft und Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Verwaltungsmanagement studiert und ist beim Amt der Tiroler Landesregierung beschäftigt.

Österreichs Ehrenamt ist europaweit Spitze, trotzdem steckt es in der Krise. Ein Erklärungsversuch.


Die Demokratisierung unseres Landes ging mit dem gesellschaftspolitischen Engagement des Bürgertums einher. Das breite Spektrum an Vereinen, die Sozialbetriebe, Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie Volksbildungsinstitutionen trugen, entwickelte sich in einer Zeit, als sich der Staat im Wesentlichen auf die Sicherstellung der öffentlichen Ordnung beschränkte, persönliches Engagement der einzelnen Bürger war daher gefragt.

Seit den 1970er Jahren tritt allerdings die Hoheitsverwaltung immer stärker zurück. Die Politik konzentriert sich mehr denn je auf die Daseinsvorsorge. Die öffentliche Hand wird zum Dienstleister und übernimmt immer mehr Aufgaben. Zunehmend werden Tätigkeiten bezahlt, die früher ehrenamtlich erbracht wurden. Für immer weitere Tätigkeitsfelder müssen zudem Befähigungsnachweise erbracht werden, was freiwillige Arbeit zusätzlich erschwert.

Der Finanzierungsbedarf der öffentlichen Haushalte steigt dadurch stetig, die Staatsquote erhöht sich und bindet große Teile des Volkseinkommens. Jeder Haushalt muss so immer mehr von seinem erwirtschafteten Geld an den Staat abführen. Neben der geforderten Selbstverwirklichung ist dies wohl der Hauptgrund, warum es in den Familien heute in der Regel zwei Verdiener braucht.

Dabei wäre gerade die Familie jener Raum, in dem man füreinander einsteht und damit auch Freiräume für freiwilliges Engagement schaffen könnte. Als Grundzelle unserer Gesellschaftsordnung bietet sie die Sicherheit, das Augenmerk nicht nur auf die materielle Absicherung legen zu müssen, sondern sich auch für das einzusetzen, was einem wichtig ist.

Wir verlassen uns lieber auf Vater Staat, er sorgt für uns und regelt unser Leben bis ins kleinste Detail. Warum sollte man sich noch für etwas engagieren, das um die Ecke als staatliche Leistung angeboten wird? Da verwundert es nicht, dass immer weniger Bürger bereit sind, freiwillig Verantwortung zu übernehmen, und "immer die Gleichen" in verschiedenen Vereinen das Ruder übernehmen müssen.

Zudem ließ der Wohlfahrtsstaat das Vereinswesen in Österreich immer mehr zu einem stark staatlich subventionierten Netzwerk mutieren und degradierte die Vereine damit zu sozialen Dienstleistern, die staatliche Richtlinien oder politische Initiativen umsetzen.

Dieser Zustand ist vom Ideal des mündigen Bürgers, der sich in einer subsidiären Gesellschaftsordnung innerhalb von Vereinen selbst organisiert, leider weit entfernt. Es ist höchste Zeit, hier eine Trendwende herbeizuführen, die Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen wieder hervorzuheben und politischen Ideologen diese Spielwiese zu entziehen.

Ernstgemeintes ehrenamtliches Engagement sollte abseits staatlicher Strukturen erfolgen und weitgehend ohne öffentliche Finanzierung auskommen. Damit wäre einerseits sichergestellt, dass den Menschen wieder mehr Geld für jene Dinge in der Tasche bleibt, die ihnen wirklich wichtig sind. Andererseits müsste die Finanzierung vieler Lebensbereiche dann auch nicht mehr den Umweg über staatliche Haushalte nehmen.