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Wie Schule besser laufen könnte

Von Ulrich Knoll

Gastkommentare
Ulrich Knoll war Schulleiter der Realschule am Europakanal in Erlangen, die 2010 für innovative Leistungen und hohe Unterrichtsqualität mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet wurde. Er hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in Schulleitungsfunktionen, auch an Auslandsschulen in Frankreich und Indien. Sein neuestes Buch "Live aus dem Klassenzimmer" ist im Wiener Goldegg Verlag erschienen.

Ein paar Thesen für die Schulen von morgen.


Schule war nie ein konfliktfreier Raum und wird es niemals sein. Die Eltern trauen vielen Lehrern nicht zu, dass sie die Kinder vernünftig unterrichten und passende Noten geben. Die Lehrer halten einen Teil der Eltern für rechthaberische Besserwisser, die nur am Erfolg ihres Kindes interessiert sind. Die Schulaufsicht misstraut den Schulleitern und beschäftigt sie mit sinnlosem Verwaltungskram. Die Schüler schauen, dass sie irgendwie durchs Schuljahr kommen und den Erwartungshaltungen halbwegs gerecht werden - oder auch nicht.

Ein übertriebenes Szenario? Vielleicht. Doch in der Schule, die angeblich ständig optimiert wird, läuft nach wie vor einiges schief. In Leitbildern findet man nur Positives über die Wunderwelt der Schule. Da ist von hehren Bildungszielen die Rede, von einem Gesamtsystem, das bis ins Detail funktioniert. Kompetenzorientierte Lehrpläne erzählen von traumhaften Lernzielen und eleganten methodischen Wegen dahin. Bildungsexperten, Schulaufsichtsbeamte und Bildungsminister reden von Bildungsplänen auf der Höhe der Zeit, ja ihrer Zeit voraus. Sie fabulieren über Lernkompetenzen in der digitalen Welt, Strukturreformen und neueste didaktische Ansätze. Doch Theorie und Wirklichkeit, Ideal und Alltag klaffen immer noch weit auseinander. Das sorgt für Missstimmung bei allen Beteiligten.

Woran mag das liegen?

Zum einen sind Schulen überreglementiert. Erfahrungsgemäß funktioniert es aber nicht, Inhalte mit Formalien und Kontrollen zu regulieren, in der Schule schon gar nicht. Das führt höchstens zu unzuverlässigen Rückmeldungen der Basis an die Schulbehörde, die dann glaubt, alles gehe seinen geplanten Gang. Zum anderen gibt es trotz kleiner gewordener Klassen immer noch zu wenige Lehrer, wenn man bedenkt, was Schulen neben dem eigentlichen Unterricht heute alles leisten sollen: individuelle Förderung, Integration, Inklusion, Vermittlung sozialer Fähigkeiten, Vorbereitung auf die digitale Welt, Medienkompetenz, Betreuungsangebote, Ganztagsklassen und so weiter. Den Schulen müsste also mehr als bisher ermöglicht werden, ihr Profil selbst zu gestalten und inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. Mit mehr Autonomie und weniger staatlicher Kontrolle. Vertrauen zahlt sich immer aus.

Am wichtigsten jedoch ist: Im Sinne einer leistungsstarken und gleichzeitig humanen Schule müssen noch mehr qualifizierte, engagierte und empathiefähige Lehrer eingestellt werden. Denn mit Stoffvermittlung allein ist es nicht mehr getan. Es reicht nicht, bloß auf den Leistungsdruck in der globalisierten Welt zu verweisen. Es gilt, die individuellen Fähigkeiten der Schüler zu entdeckt und zu fördern. Dazu sind unsere Schulen, so gut sie im internationalen Vergleich abschneiden mögen, nicht genügend gerüstet. Für individuelle Förderung, gerade im kreativen, musischen, künstlerischen und sozialen Bereich, braucht es Lernlandschaften, Mediatheken, komplexe Büchereien, bunte Klassenzimmer, kompetentes Lehrpersonal und Sozialpädagogen, die auf die Schüler individuell eingehen und sie zu eigenständigem Lernen motivieren.

Keiner sollte glauben, reiche Länder wie Österreich und Deutschland hätten dafür nicht die finanziellen Mittel. Man muss es nur wollen.