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Regieren statt inszenieren

Von Werner Kogler

Gastkommentare
Werner Kogler ist stellvertretender Klubobmann der Grünen.

Rot und Schwarz bereiten jeweils eine Koalition mit den Blauen vor.


Die Regierungsspitze hat seit Jahresbeginn mit einer Reihe von widersprüchlichen Auftritten die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Der Eindruck ist eindeutig: Inszenieren geht vor Regieren. Das hat sich bei Kanzler Christian Kern zwar schon beim zielsicheren Aufsuchen der Ceta-Sackgasse abgezeichnet, ist nun aber offensichtlich zum Prinzip erhoben worden. Mehr noch als bei Vorgänger Werner Faymann. Das betrifft aber genauso Außenminister Sebastian Kurz, der eine Fototerminrallye für den Boulevard absolviert. Was die ministerielle Außenpolitik ist, erfährt man zwar nicht, etwas anderes ist aber gewiss: Der Integrationsminister Kurz ist in Wahrheit ein Desintegrationsminister. Seine Energie lenkt Kurz in die Vorbereitung einer blau-schwarzen Regierung. Aber auch die Kern-SPÖ verbringt hinter den Kulissen viel Zeit damit, eine Koalition mit den Blauen vorzubereiten. So wie diese Allianz im Burgenland über Nacht und ohne nennenswerten roten Widerstand herbeiverhandelt wurde. Da ist es schon mal nützlich, den SPÖ-Geschäftsführer auszuschicken, um ihn vom Ziel einer Regierungsbildung von Grünen, Neos und den Sozialdemokraten berichten zu lassen. Diese Konstellation ist natürlich vernünftiger und brauchbarer als eine FPÖ in der Regierung fuhrwerken zu lassen. Bis heute muss die Antikorruptionsarbeit die Perioden blauer Regierungsexperimente durchleuchten. Der nicht untypische Karriereverlauf vieler blau-schwarzer Protagonisten lässt sich so nachzeichnen: von der Landespolitik oder Oppositionsbank auf die Regierungsbank und ab auf die Anklagebank. Die einzigen Garanten gegen die Hereinnahme blauer Verantwortungslosigkeit in Regierungsverantwortung sind die Grünen. Das beweisen auch die positiven Ergebnisse grüner Regierungsarbeit in Landes- und Stadtregierungen. Viele notwendige Richtungsentscheidungen stehen an: für einen echten pro-europäischen Regierungskurs mit Verbesserungen in der Union sowie für eine Reihe österreichischer Änderungen. Gerade auch, weil beim kurzatmig verkündeten x-ten Neustart von Rot-Schwarz wichtige Weichenstellungen fehlen. Beispiele: der Umbau des Abgabensystems entlang der OECD-Empfehlungen. Dabei sollen Belastungen für selbständige und unselbständige Erwerbsarbeit sowie Unternehmensabgaben auf die Lohnsumme großzügig gesenkt werden und teilweise durch die Besteuerung von Umweltzerstörung und Milliardenstiftungen und Millionenerbschaften gegenfinanziert werden. Für die längst notwendige Harmonisierung der Sozialversicherung muss gelten: gleiche Beiträge und gleiche Leistungen für alle. Verbesserungen für kleine und Einpersonenunternehmen bleiben aus, obwohl diese von Kanzler und Finanzminister andauernd ausgerufen werden. Die dringende Zweckwidmung der Wohnbaumilliarden für Wohnbauförderung wird nicht einmal mehr angekündigt. Für all diese Vorhaben fehlt Rot-Schwarz die positive Energie. Die negative der Blauen würde es noch schlimmer machen. Weniger Selbstinszenierung, mehr Engagement und Ehrlichkeit können die Grünen besser einbringen.