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Nationalistisches Erstarken im Ostpazifik

Von Stefan Haderer

Gastkommentare
Stefan Haderer ist Kulturanthropologe und Politikwissenschafter. Alle Beiträge dieser Rubrik unter: www.wienerzeitung.at/gastkommentare

Das Spannungsviereck zwischen China, Japan, Nord- und Südkorea hat mit der Stationierung von US-Raketen eine neue Dimension bekommen.


Wie hält es China mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un? Nach den vergangenen Raketentests durch dessen Regime beschäftigt diese brennende Frage gerade vor allem die USA, deren Außenminister Rex Tillerson vom chinesischen Staatschef Xi Jinping eine eindeutige Positionierung forderte. Das Spannungsviereck zwischen China, Japan, Nord- und Südkorea hat mit der Stationierung des Raketenabwehrsystems Thaad in Südkorea durch die USA eine neue Dimension bekommen. Eine Eskalation mit Kim Jong-un ist nicht länger auszuschließen. Noch versucht die chinesische Regierung zu beschwichtigen und setzt auf Dialog. Chinas Verhältnis zu Nordkorea wird jedoch nicht zuletzt von der Politik Südkoreas abhängen.

Nationalistisch waren die ethnisch homogenen Staaten in Ostasien schon immer. Wirtschaftliches Wachstum und geopolitische Interessen haben aber jetzt zu einem Erstarken des Nationalstolzes geführt. Und dazu, dass alte Allianzen vertieft werden. So hat US-Präsident Donald Trump Japans Premier Shinzo Abe, der als Hardliner im Umgang mit China und Nordkorea gilt, erst neulich seine volle Unterstützung zugesagt.

Nie zuvor stand es indes so schlecht um die Freundschaft zwischen China und Nordkorea, die seit dem Korea-Krieg besteht und größtenteils auf Duldung basiert. Kim befürchtet eine Einmischung der chinesischen Regierung und Wirtschaft in seinem isolierten Land. Diese würde dem Nationalprinzip "Chuche", das Autarkie sowie absolute militärische und politische Eigenstaatlichkeit vorsieht, widersprechen und somit Kims Herrschaft in Frage stellen. Seine Angst ist womöglich der Grund für die Ermordung seines Onkels Jang Song Thaek im Jahr 2013 und seines Halbbruders Kim Jong-nam heuer. Letzterer war in China besonders beliebt und hätte die Erbnachfolge antreten können, wäre es nach der Führung in Peking gegangen. Diese hat nun Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea verhängt, die Kims Regierung allerdings wenig beeindrucken dürften.

Große Freude herrscht im Regime über die Entmachtung der südkoreanischen Präsidentin Park Geun-hye, die jahrelang in nordkoreanischen Medien verhöhnt wurde. Von ihrem vorzeitigen Nachfolger Hwang Kyo-ahn erhofft sich China nun weniger Kriegsrhetorik. Während seines Besuches in Südkorea vorige Woche hat US-Außenminister Tillerson "eine neue Vorgehensweise" für Nordkorea angekündigt. Dieses kryptische Statement wird unter anderem von US-Präsident Trumps bizarrem Vorschlag überschattet, Japan und Südkorea mögen sich doch mit eigenen Nuklearwaffen gegen den Feind im Norden verteidigen.

Eine Deeskalation wird schließlich von zwei wesentlichen Faktoren beeinflusst werden: Einerseits von der neuen Linie, die Parks Nachfolger oder die Nachfolgerin gegenüber Nordkorea vertreten wird - von einer neuen "Sonnenschein-Politik", die auf Dialog setzt, bis hin zu einem Grenzkonflikt ist hier alles vorstellbar. Andererseits wird die Zusammenarbeit zwischen China und den USA oder deren Verweigerung darüber entscheiden, wie man Kim Jong-un entgegentreten will.