
Eine der ersten Amtshandlungen Donald Trumps als US-Präsident bestand darin, den Bürgern sieben muslimischer Länder die Einreise in die USA zu verbieten. Als Begründung nannte er den Schutz der inneren Sicherheit. Das reichte zumindest vorerst nicht aus: Ein Gericht erklärte das entsprechende Dekret für illegal und hob es auf. Es ist allerdings zu befürchten, dass Trump sich damit nicht abfinden wird. Stattdessen dürfte er alles daransetzen, Menschen (nicht nur) aus muslimischen Ländern daran zu hindern, in die USA zu gelangen, und Migranten, die sich bereits dort befinden, das Leben so schwer wie möglich zu machen. Und wenn die Gewaltenteilung ihn daran hindert, muss sie eben entsprechend zurechtgestutzt werden.
Trump ist kein Einzelfall, sondern der Exponent eines autoritären Populismus, wie er in Europa von Marine Le Pen, Geert Wilders, Viktor Orbán, Jarosaw Kaczynski, Heinz-Christian Strache oder Frauke Petry vertreten wird. Die meisten dieser Leute sind Teil der politischen und gesellschaftlichen Elite ihres jeweiligen Landes. Nichtsdestotrotz verdanken sie ihren Bedeutungsgewinn der Mobilisierung der Mittel- und Unterschichten, und zwar in einer Situation der zunehmenden sozialen Polarisierung.
Aus reaktionärer Politisierung schlagen sie in einem doppelten Sinn Kapital: Zum einen materiell - die Vermögen, die Trump und seine ministerialen Mitstreiter angehäuft haben, dürften auch einer Jahrzehnte währenden Politik der Umverteilung von unten nach oben in den USA geschuldet sein; zum anderen politisch - die seit Jahrzehnten von einem mehr oder weniger formalisierten Bündnis aus Demokraten und Republikanern, Sozial- und Christdemokraten, Sozialisten und Konservativen betriebene und als alternativlos verkaufte neoliberale Politik hat nicht nur die politischen und sozialen Interessen vieler Menschen missachtet, sondern auch ihren Glauben an die Möglichkeit von Politik, verstanden als das Ringen um gesellschaftliche Alternativen, nachhaltig erschüttert.

Die Rechte als anti-elitäre Elite
In dieser Situation inszeniert sich die Rechte als eine Elite, die der "Stimme des Volkes" unmittelbar Ausdruck verleiht und ihr gegen die "politische Klasse" Gehör verschafft. Obwohl selbst Teil einer sozialen Klasse, die sich schamlos auf Kosten der Allgemeinheit bereichert, versteht sie es, sich von den politischen Repräsentanten dieser Klasse zu distanzieren. Sie macht sich dabei vor allem die Krise der Sozialdemokratie und des Linksliberalismus zunutze.

Angefangen bei den US-Demokratien über die französischen Sozialisten bis hin zur deutschen SPD haben die ehemaligen Fürsprecher der "kleinen Leute" ihre Klientel gründlich verprellt. Jahrelang haben sie ihr zu vermitteln versucht, die Konkurrenz aller gegen alle und der Abbau sozialer und politischer Rechte seien der normale Gang der Dinge, zu dem es folglich keine Alternative gebe.
Die Rechte setzt an dieser (nicht zuletzt) sozialdemokratisch normalisierten Alternativlosigkeit an. Sie politisiert die soziale Missachtung und die politische Schließung liberaldemokratischer Institutionen, indem sie die liberale Demokratie selbst zu demontieren versucht. Dies tut sie auf reaktionäre Weise: Sie stellt die gesellschaftlichen Verhältnisse, die der Krise zugrunde liegen, gerade nicht in Frage, sondern versucht, sie exklusiv zu stabilisieren. Dabei knüpft sie an rassistische Dispositionen an, wie sie im Alltagsverstand vieler Menschen fest verankert sind, und verbindet diese mit den Erfahrungen sozialer Missachtung zu einer politisch wirksamen Erzählung: Es sind die Geflüchteten, die unser Wohlstandsmodell bedrohen. Und es ist eine korrupte Politik, die die Geflüchteten unterstützt, während sie dem sozialen Abstieg der einheimischen Mittel- und Unterschichten tatenlos zuschaut oder ihn gar aktiv betreibt.
Dass die Rechte die "politische Klasse" und die Geflüchteten häufig im selben Atemzug nennt und als die Feindbilder identifiziert, auf die sie den Volkszorn zu lenken versucht, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei der rechten Erzählung und der aus ihr resultierenden Politik letztlich um eine radikalisierte Variante dessen handelt, was auch von den bürgerlichen und sozialdemokratischen Kräften betrieben wird (siehe etwa das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei). Beiden gesellschaftlichen Kräften - der rechten und der bürgerlich-sozialdemokratischen - geht es im Kern darum, die Krisen, deren Häufung wir in jüngerer Zeit erleben, auf eine ausgrenzende Art und Weise zu bearbeiten. Vor allem soll das vorherrschende Wohlstandsmodell gegen die Teilhabeansprüche derjenigen verteidigt werden, die bisher vor allem seine Kosten zu tragen hatten.
Das Modell der imperialen Lebensweise
Wir bezeichnen dieses Modell als imperiale Lebensweise. Damit meinen wir die im globalen Norden und in Teilen des globalen Südens vorherrschenden Formen des Produzierens und Konsumierens, und zwar insofern diese auf nicht verallgemeinerbaren Voraussetzungen beruhen. Die imperiale Lebensweise setzt einen überproportionalen Zugriff auf Arbeitskraft und Natur in einem globalen Maßstab voraus, der durch Handelsabkommen, politischen Druck oder auch militärische Gewalt abgesichert wird.