Zum Hauptinhalt springen

Politik der Falschspielertricks

Von David Ignatius

Gastkommentare
Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Magische Zeiten, schwindelerregende Kaskaden: Zauberkünstler, Agenten, einige Politiker und US-Präsident Trump benutzen ähnliche Techniken.


Als General Michael Hayden seinerzeit als CIA-Chef eine Geheimdiensteinrichtung besuchte, schenkten ihm die Mitarbeiter ein T-Shirt mit der Aufschrift: "Nichts zugeben. Alles abstreiten. Beschuldigungen umdrehen". Ein Motto, das bei verdeckt Arbeitenden besonders beliebt ist und in den USA zum Leitspruch werden könnte. Denn das scheint auch US-Präsident Donald Trumps Maxime zu sein, wenn es darum geht, auf FBI-Frage zu antworten, ob jemand aus seinem Wahlkampfteam mit russischen Hackern zusammengearbeitet hat.

Jeder Tag bringt neue Fakten: Der Besuch eines Abgeordneten, der angeblich eine Untersuchung führt, in Mantel- und Degenmanier im Weißen Haus. Und ein Geheimtreffen zwischen dem Blackwater-Gründer und einem russischen Gesandten auf den Seychellen. Die News-Kaskade ist schwindelerregend. Zauberkünstler nutzen ähnliche Techniken wie manche Politiker, um die Augen der Zuschauer von dem abzulenken, was verborgen werden soll, sagt John McLaughlin, früherer stellvertretender CIA-Direktor und Amateurmagier. Die Ablenkungsmöglichkeiten: Das "Shell-Game", bei dem der Magier einen Ball unter schnell bewegten Bechern versteckt. Oder "Second-Dealing" - nicht die oberste, sondern die zweite Karte wird genommen. Geheimdienstoffiziere sprechen bei solchen Tricks von Ablenkung und Irreführung.

McLaughlin kennt erfolgreiche Beispiele: 1962 verteilte die Sowjetunion besonders dicke Anoraks an die Bedienungsmannschaften für Raketen, die auf dem Weg nach Kuba waren. Die Raketen verstauten sie auf Schiffen, damit sie von oben für Fahrzeuge gehalten werden konnten. Und der Einmarsch in die Tschechoslowakei 1968 sollte wie eine Militärübung aussehen.

Was wir im Moment sehen, ist die Unerfahrenheit eines neuen Präsidenten, der dünnhäutig ist und gern zurückschlägt - auch, wenn es kontraproduktiv ist. Der Trump-Effekt zeigte sich klar im Bericht der "Washington Post" über das Treffen am 11. Jänner auf den Seychellen zwischen einem prominenten Russen und Erik Prince, dem Gründer von Blackwater und Mitarbeiter des Trump-Teams. Der Russe war von Scheich Mohammed bin Zayed, Militärchef der Vereinigten Arabischen Emirate, eingeladen worden. MBZ, wie er genannt wird, will, dass die Russen vom Iran abrücken. Und Prince hoffte anscheinend, einen stillen Kontakt zwischen Moskau und dem Trump-Team herzustellen. Das Ganze müsste nichts Besonderes sein, würde nicht die FBI-Untersuchung die Aufmerksamkeit auf Überschneidungen zwischen Trump und Russland fokussieren. Seit Jahrzehnten will MBZ bessere Beziehungen zu Russland und bringt Russen, Araber und US-Politiker beider Parteien zusammen. Auch Trump bekundete Interesse. Aber wenn gleichzeitig russische Geheimdienstoperationen stattfinden, wirkt Normales verdächtig. Monate vor der Wahl hatte Trumps Team damit begonnen, Kontakte zu Russland herzustellen. Einige Unternehmungen mögen harmlos gewesen sein, andere waren unangemessen oder sogar gesetzwidrig, zum Schaden der USA. Was in Ordnung war und was nicht, wird das FBI klären.



Übersetzung: Hilde Weiss