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Der Lächerlichkeit preisgegeben

Von David Ignatius

Gastkommentare
Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Die US-Regierung hat über Binsenweisheiten hinaus noch immer keine klaren Vorstellungen, wie Konflikte zu lösen sind.


Grundsätzlich liegt US-Präsident Donald Trump schon richtig, wenn er sagt, die Welt ist in Gefahr und die USA sollten Friedensgespräche mit Chinas Präsident Xi Jinping, Nordkoreas Führer Kim Jong-un, Russlands Präsident Wladimir Putin führen; sowie mit anderen Autokraten, die Schwierigkeiten machen. Unsere Werte sagen uns, dass wir uns deren Politik dieser Führer müssen - und auch ihren Gesinnungsgenossen wie dem philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Unsere Interessen sagen uns aber, dass wir Krieg verhindern und Übereinkommen suchen müssen, wo immer es möglich ist.

Das Problem ist, dass Trump über Binsenweisheiten hinaus keine klaren Vorstellungen hat, wie die Spannungen zu lösen sind. Angenommen, all die "Bösewichte" kommen tatsächlich an den Verhandlungstisch und sagen: Ok, verhandeln wir. Da Trump kaum etwas dazugelernt hat (und seine Regierung noch immer unterbesetzt ist), bin ich nicht sicher, dass er wüsste, was er darauf sagen soll.

Trumps "Concert of Nations" klingt sonderbar vor dem Hintergrund, dass die alte Ordnung so offensichtlich nicht mehr funktioniert. Er ist - ein bisschen wie Ronald Reagan - naiv genug zu glauben, dass wir all diese Kriege nicht brauchen und dass er der rechte Mann ist, all das zu reparieren. Das erklärt auch Trumps Wortmeldung, wonach Andrew Jackson, sein Ich-Ideal, den amerikanischen Bürgerkrieg hätte verhindern können (der Ex-US-Präsident war damals schon tot) .

Überredungskunst und Schmeichelei gehören in jeden diplomatischen Werkzeugkasten. Fragen Sie Henry Kissinger. Selten ging jedoch jemand so ausschweifend damit um wie der geschwätzige Trump.

Hier ein paar Vorbehalte:

Erstens: Trump ist zu eitel, egozentrisch, ungeduldig. Mit seinen Prahlereien riskiert er, lächerlich zu wirken. Staaten werden ihm schmeicheln, in der Hoffnung, ihn an ihre Agenda zu binden, zum Beispiel, Chinas Interessen in Asien zu schützen.

Zweitens: Trump ist zu unerfahren, um sich auf seine Gefühle verlassen zu können. Berater seines Teams sind erstaunt, dass Trump offenbar noch nie über nukleare Abschreckung oder Verwicklungen der chinesisch-koreanischen Geschichte nachgedacht hat. Harry Truman hatte im Gegensatz zu Trump vor seiner überraschenden Präsidentschaft eine ganze Bibliothek Geschichtsbücher gelesen.

Drittens: Am Beginn von Verhandlungen ist Trump so großtuerisch und danach so zuvorkommend, dass es so aussieht als könnte man leicht mit ihm fertigwerden. Seine Gegner werden lernen, ihn auszusitzen. Die Erfahrung wird ihnen sagen, dass der Twitter-Sturm sich von selbst legt.

Viertens: Trump müsste mehr über Abläufe nachdenken. Angenommen, Nordkorea würde ankündigen, die Atomtests auszusetzen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Welche Position würden die USA einnehmen? Ein Rahmen, wie die "2 plus 4-Gespräche", die Deutschland die Einheit brachten, wäre gut. Hat das Trump-Team eine ähnliche Strategie? Wer weiß das schon.

Übersetzung: Hilde Weiss