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Eine Lebensfreundschaft

Von Hannes Androsch

Gastkommentare
Den verstorbenen Beppo Mauhart (l.) und Hannes Androsch verbanden auch gemeinsame Initiativen wie das Bildungsvolksbegehren.
© Foto Haslinger

Persönlicher Nachruf auf Beppo Mauhart von seinem Jugendfreund und einstigen Trauzeugen.


Es gehört zu den glücklichen Fügungen im Leben, wenn verlässliche und tragende Freundschaften entstehen. Noch mehr gilt das für eine noch seltenere Lebensfreundschaft. Jene zwischen Beppo Mauhart und mir war über 60 Jahre eine solche. Sie beruhte auf großer Übereinstimmung und war von vielen gemeinsamen Tätigkeiten geprägt. Über einen solchen Zeitraum erlebt man nicht nur sonnige Zeiten, sondern ist auch oft mit Schlechtwetterfronten konfrontiert. Das wussten wir beide, aber genau daran erweist sich die Verlässlichkeit und Haltbarkeit einer Freundschaft. Dafür muss man gar nicht erst den Pathos von Friedrich Schiller "Bürgschaft" bemühen. Nur zweimal hatten wir größere Missverständnisse: Das eine betraf den ÖFB, das andere den Ballhausplatz.

Beppo hat den größten Teil seines Lebenswegs in und aus Wien beschritten, dabei hat er jedoch nie seine oberösterreichischen Wurzeln verloren. Geboren in Enns, besuchte er zunächst die Volksschule in Reichenstein im Mühlviertel, wo auch seine Eltern ein Gasthaus betrieben, wie später dann eines in Mauthausen. Aus der Nähe des dortigen KZ wurden ihm schon sehr früh in prägender Weise die Schrecken der Naziherrschaft bewusst. Aus Reichenstein stammt auch seine Freundschaft mit Helmut Gsöllpointner. Auch die Kurzform seines prägenden Vornamens Beppo hat er von dort mitgenommen.

Das Gymnasium begann er im Stift Wilhering, wo war er auch als Ministrant tätig war. Die Matura legte er dann in der Arbeitermittelschule Linz ab, als er schon sein Brot in der Oberösterreichischen Viehverwertungsgesellschaft verdiente. Mit dieser Tätigkeit lernte er, wie schon zuvor im elterlichen Betrieb, wie Wirtschaft im täglichen Leben funktioniert. Zum Studium als Student der Publizistik nach Wien gekommen, fand er Quartier im Studentenheim der Wihast in der Säulengasse und ebenso den Weg zum Verband Sozialistischer Studenten (VSStÖ), zu dessen Wiener Obmann er 1958 gewählt wurde. Dort liegen auch die Wurzeln unserer Bekanntschaft, zunehmenden Freundschaft und vielfältigen Zusammenarbeit.

Ein engagierter Anhänger des europäischen Friedensprojekts

Wie viele unserer Generation, war Beppo Mauhart schon in jungen Jahren ein engagierter Anhänger des europäischen Friedens- und Wohlstandsprojekts. Ebenso lehnte er entschieden die kommunistische Diktatur jenseits des Eisernen Vorhangs ab. Dies waren weitere grundsätzliche Einstellungen, die uns bis zuletzt verbunden haben. Im Rahmen der Sozialistischen Studenten organisierte er in dieser Zeit Seminare für Studenten aus Entwicklungsländern, die im Ostblock studierten, mit dem Ziel, ihnen ein anderes Gesellschaftsbild und Wirtschaftsmodell zu vermitteln, als dies ihnen im Ostblock gezeigt wurde. Aus solchen Gründen nahmen wir auch 1962 in Helsinki an der Gegenveranstaltung zu den kommunistischen Weltjugendfestspielen teil. Nach der Tätigkeit im VSStÖ wurde Beppo Chefredakteur der Zeitung des SPÖ-nahen Freien Wirtschaftsverbandes "Der Selbstständige in der Wirtschaft". Seine Dissertation verfasste er mit dem Titel "Dollfuß in der Karikatur in der österreichischen Presse".

1964 heiratete er Inge, wobei ich ihm als Trauzeuge zur Seite stand. 1975 kam ihr Sohn Julian zur Welt, auf den er mit Recht sehr stolz sein konnte. Als ich 1970 zum Finanzminister berufen worden war, konnte ich als Ausnahme Bruno Kreiskys Zustimmung für einen Pressereferenten erwirken. Er hieß Beppo Mauhart. Seine Aufgabe erfüllte er so gut, dass 1973 der Bundeskanzler ihn für diese Aufgabenstellung zu sich holen wollte. Er konnte ihm nie nachsehen, dieses Angebot nicht angenommen zu haben.

Finanzministerium, Austria Tabak, Kunstuni und ÖFB

In den Jahren der Tätigkeit im Finanzministerium war Beppo ein wichtiger Wegbegleiter. 1977 wurde er in den Vorstand der Austria Tabak gerufen. Aber auch dann noch, wie schon zuvor, hat er ganz wesentlich die Abfassung von insgesamt elf Budgetreden und sieben Wirtschaftsberichten wesentlich mitgestaltet. Mit diesen konnte die Bundesregierung ihre wirtschaftliche Kompetenz in schwierigen und wechselvollen Zeiten dokumentieren, eine Zielsetzung, die Kreisky schon kurz nach seiner Wahl zum Parteichef mit der ökonomischen Versammlung im April 1967 begonnen und die als Ergebnis im Wirtschaftsprogramm 1968 mit dem Motto "Leistung - Aufstieg - Sicherheit" ihren programmatischen Niederschlag gefunden hatte.

Während seiner Tätigkeit im Finanzministerium war es Beppo auch ein besonderes Anliegen, das prächtige Winterpalais des Prinzen Eugen Künstlern und zugleich einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Mit seinem Engagement hat er auch beigetragen, die Kunstschule der Stadt Linz zur Kunstuniversität zu machen. Sein Volksschulfreund Professor Gsöllpointner war deren erster Rektor. Aus all dem erwuchsen viele Freundschaften mit Künstlern. Die reichhaltige private Sammlung von Skulpturen und Gemälden in seinem Heim belegt dies. Nicht weniger wichtig war ihm Musik, literaturkennend war er selbst ein Meister des geschriebenen und gesprochenen Wortes, gewürzt mit feinem Sarkasmus und großer Selbstironie.

Die Tätigkeit bei den Tabakwerken, deren Generaldirektor er 1988 wurde und bei denen er bis 1995 blieb, brachte ihn in Verbindung mit dem österreichischen Fußball, zunächst mit der Wiener Austria und dann mit dem ÖFB, dessen Präsident er 1984 wurde (und 18 Jahre lang blieb). Dabei gelang es ihm mit Hartnäckigkeit und Zähigkeit, dass das Wiener Praterstadion und andere erneuert oder neue gebaut wurden. Zu den Trainern der Nationalmannschaft stand er mit Festigkeit, auch dann, wenn es nicht so gut lief. Das wusste Ernst Happel, das haben in ihren dankenden Nachrufen auch Herbert Prohaska und Josef Hickersberger festgehalten. Es war dies auch ein Beleg für seine Handschlagqualität.

Zukunftsorientiertes Engagement

Ein großes Anliegen war es ihm, das Rauchen zu einer Kultur anstelle einer Sucht zu machen. Dem diente auch der "Zigarrenklub", und er war Herausgeber von Ernst Trosts Buch "Rauchen für Österreich: Zur allgemeinen Erleichterung" (2003). Seine Bemühungen, die Tabakwerke nach der Vorstellung eines oberösterreichischen Vierkanthofs auf mehrere Füße zu stellen und damit auch zukunftsorientiert abzusichern, ergaben zunächst allerdings Schwierigkeiten. Eifrige "Freunde" haben dies benutzt, um ihn von dieser Aufgabe zu entfernen.

Wie richtig sein Weg war, hat sich dann rasch in der Folgezeit gezeigt. Die Nacheigentümer haben dann gute Geschäfte gemacht oder bei Weiterveräußerung riesige Gewinne einfahren können. Das von ihm initiierte Tabakmuseum haben sie allerdings beseitigt. Es sind dies Beispiele für den in der Folge grassierenden Privatisierungswahn beziehungsweise von persönlichem Ehrgeiz oder materieller Gier getragene Verschleuderungen wichtiger österreichischer Unternehmungen.

Den Schmerz über diese Entwicklung hat er, wie manch andere auch, nie überwinden können. Die Kultur des Tarockspieles pflegte er mit Freunden im Mühlviertel oder im Waldviertel. Mit langjährigen Freunden wie Günther Steinbach und Franz Weich, früher auch noch Fritz Hofmann, traf er sich monatlich zum Gedankenaustausch beim Mittagessen. Dem Fußball blieb er unverändert als Ehrenpräsident des ÖFB verbunden, sein künstlerisches Engagement hat er viele Jahre dann noch ins Bemühen um das Künstlerhaus eingebracht. Ebenso war er im Publikumsrat des ORF vertreten.

Sein zukunftsorientiertes Engagement hat er als einer der Initiatoren des Bildungsvolksbegehrens, woraus eine enge Verbindung mit dem vor ihm 2015 verschiedenen Bernd Schilcher entstand, bis zum Schluss zum Ausdruck gebracht. Dies geschah zuletzt am 3. Mai als Teilnehmer an einer Pressekonferenz zur Bildungsthematik im Presseclub Concordia. Unser anschließendes Gespräch im Café Central sollte leider unser letztes sein. Noch am Samstag verbrachte er mit seiner Familie und seinen beiden Enkeltöchtern einen fröhlichen Familiennachmittag. Am nächsten Tag hörte sein Herz zu schlagen auf.

Wen die Götter lieben, den holen sie auf diese Weise zu sich. Bei allem Schmerz soll uns dies Trost sein, dennoch werden wir Beppo Mauhart vermissen. Allen voran seine Familie. Mir wird er sehr fehlen. Bestehen aber bleiben wird dankbare freundschaftliche Erinnerung.

Hannes Androsch wurde 1938 in Wien geboren. Er ist Unternehmer und war von 1970 bis 1981 Finanzminister (von 1976 bis 1981 auch Vizekanzler) unter Bruno Kreisky.