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Der Warner vor kommenden Unruhen

Von David Ignatius

Gastkommentare
Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

"Zbig" Zbigniew Brzezinski war einer der kraftvollsten Vertreter einer offenen und flexiblen Weltordnung - und einer der ersten Kritiker Trumps.


Um den abstrakten Begriff der liberalen internationalen Ordnung zu verstehen, hilft es, ihn anhand der Person des früheren nationalen Sicherheitsberaters Zbigniew Brzezinski zu konkretisieren. Der kraftvolle Vertreter dieser Ordnung verstarb Ende letzter Woche im Alter von 89 Jahren. Brzezinski widmete sich der Vorstellung einer robusten und zugleich beweglichen Struktur der globalen Sicherheit und des Aufschwungs unter der Führung der USA. Er wollte eine offene und flexible Weltordnung, das "globale Erwachen", wie er es nannte, aufstrebender Staaten und Kulturen - aber nicht ohne große militärische Stärke. In seinen letzten Monaten war Brzezinski zutiefst beunruhigt, dass diese Weltordnung, die seine Generation zu erarbeiten versucht hatte, von der Unerfahrenheit Donald Trumps als US-Präsident untergraben wird - teilweise aus Launen heraus. Als Brzezinski am 10. November, zwei Tage nach Trumps Wahlsieg, die höchste zivile Auszeichnung des Pentagons erhielt, warnte er vor kommenden Unruhen, national und international. Über den Ausgang des G7-Treffens wäre er entsetzt gewesen - überrascht nicht.

In den späten 1970er Jahren bin ich Brzezinski zum ersten Mal begegnet. Er war damals nationaler Sicherheitsberater in der Regierung von US-Präsident Jimmy Carter. Wir führten viele Gespräche über die Zukunft. Und später, 2008, holte ich ihn und Brent Scowcroft, nationaler Sicherheitsberater in den Regierungen Ford und Bush, zu der außenpolitischen Gesprächsreihe "America and the World", einem Manifest des überparteilichen Einvernehmens.

Als sich Brzezinskis Gesundheitszustand in letzter Zeit verschlechterte, schlug ich ihm vor, diese Gespräche wieder aufzunehmen. Die Antwort war typisch für Zbig - enthusiastisch, von Schwierigkeiten unbeeindruckt: "Bitte nennen Sie mir den frühestmöglichen Termin für die Wiedereinsetzung unserer Gruppe." Vier Tage später war er tot.

Im Lauf seines Lebens wurde Brzezinski immer skeptischer, ob militärische Lösungen zu guten Ergebnissen führen. Die Irak-Invasion 2003 kritisierte er etwa als Fehler. Dafür wurde er angegriffen, bis es dann fast jedem klar war, unterstützt von Scowcroft, dass er recht hatte.

Brzezinski, ein polnischer Flüchtling, glaubte leidenschaftlich an Freiheit und gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit. Schon in den 1970er Jahren war er überzeugt, dass die Sowjetunion kein bleibender Machtfaktor in Osteuropa sein werde. Und er drängte darauf, dass Japan Partner des Westens wurde.

Meist war es Brzezinski, der recht behielt. Seine Besorgnis wegen Trump kam aus seinem Glauben an die von den USA aufgebauten Welt der gegenseitigen Abhängigkeiten. Nachdem er gesehen hatte, wie westliche Werte und Freiheiten in Polen zerschlagen wurden, setzte er sich für sie ein. Und nachdem er gesehen hatte, wie Verbündete unter dem Schutz der USA Würde und Wohlstand wiedererlangten, wollte er damit fortfahren.

Trumps Populismus war für den polnischen Aristokratensohn abstoßend, aber nicht nur das. Brzezinski war davon überzeugt, dass Trump nicht einmal versteht, wie wertvoll das ist, was er so rücksichtslos in Gefahr bringt.

Übersetzung: Hilde Weiss