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Nun sag, wie hast du's mit der FPÖ? (2)

Von Stefan Sengl

Gastkommentare
Stefan Sengl ist PR-Berater und bis zum 15. Oktober Leiter des Bereichs "Strategie und Kommunikation" in der Nationalratswahlkampagne von Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern.
© Sebastian Philipp

Die SPÖ hat den Spieß umgedreht – und es wird damit wieder deutlicher werden, dass es die FPÖ selbst ist, die sich aus dem Spiel nimmt.


In der vergangenen Woche saß ich erstmals (als Zaungast) in einem SPÖ-Parteivorstand. Dort habe ich eine sehr gute, engagiert und wertschätzend geführte Diskussion erlebt. Ihr Tenor: Die SPÖ will sich stärker über eigene Inhalte und Ziele definieren – und nicht mehr über irgendwelche Koalitionspräferenzen. Die dabei beschlossenen Positionen sind ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Es lohnt sich, sie im Internet unter https://spoe.at/klareansagen nachzulesen.

Natürlich widmete sich in den Tagen darauf noch so manche Kolumne dem Thema Rot-Blau – über hypothetische Szenarien zu grübeln, gehört schließlich zu den Lieblingsbeschäftigungen vieler Medien. Doch auf dieses Spiel sollte sich die SPÖ nicht länger einlassen. Denn sich mit derartigen Fragen erst nach einer Wahl zu befassen, ist eine übliche demokratische Praxis.

Es war höchste Zeit für einen neuen Weg im Umgang mit der FPÖ

Tatsache ist: Die kategorische Ablehnung einer Koalition mit der FPÖ hat die Sozialdemokratie erpressbar gemacht. Sie hat die SPÖ in Kompromisse gezwungen, die nicht das waren, was die Österreicherinnen und Österreicher von ihr erwartet haben. Und sie hat dazu geführt, dass gewonnene Wahlen am Verhandlungstisch verloren wurden. Das hat viele Wählerinnen und Wähler zu Recht enttäuscht. Darum war es ein richtiger Schritt, sich aus dieser Geiselhaft zu befreien. Die Franz-Vranitzky-Doktrin hat schließlich nicht bewirkt, dass der politische Einfluss der FPÖ verringert worden wäre. Darum war es höchste Zeit, einen neuen Weg zu gehen.

Klar ist auch: Zum jetzigen Zeitpunkt ist die FPÖ nicht bereit oder nicht in der Lage, die Koalitionsbedingungen der SPÖ zu erfüllen. Ihr fehlt dafür vieles: das Bekenntnis zu einem gerechten Sozialstaat und einer starken Arbeitnehmervertretung; die Abgrenzung zu Diskriminierung, Ausgrenzern und Hasspredigern; die Ablehnung eines Schulsystems, das soziale Schieflagen verstärkt und nicht ausgleicht – um nur drei Beispiele zu nennen. Auch die letztwöchigen Reaktionen der FPÖ bestätigen dieses Bild.

Insofern ist es fast verwunderlich, dass man den Freiheitlichen bisher den Gefallen getan hat, dass sie sich trotz ihrer oft kruden Positionen in eine Opferrolle begeben und behaupten konnten, sie würden "ausgegrenzt" werden. In der vergangenen Woche wurde der Spieß umgedreht – und es wird damit wieder deutlicher werden, dass es die FPÖ selbst ist, die sich aus dem Spiel nimmt.

Wer sich Mehrheiten jenseits von ÖVP und FPÖ wünscht (was ich übrigens bei dieser Wahl für durchaus möglich halte), muss eigentlich froh über diesen Schritt der SPÖ sein. Denn neue Mehrheiten kann es nur geben, wenn sich die Sozialdemokratie über Inhalte statt über Glaubensbekenntnisse definiert und damit auch Wählerinnen und Wähler anspricht, die sich derzeit außerhalb des Spektrums von SPÖ, Grünen und Neos sehen. Ohne jene, die zuletzt auch der ÖVP oder der FPÖ etwas abgewinnen konnten oder eher nicht mehr an Wahlen teilgenommen haben, kann es kaum neue Mehrheiten geben. Diese in der Pose der moralischen Überlegenheit zu gewinnen, wird kaum gelingen. Mit klar sozialdemokratischen Inhalten und Zielen hingegen schon