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Mehr vom Gleichen

Von Sarah Wohlfeld

Gastkommentare
Sarah Wohlfeld arbeitet mit dem Themenschwerpunkt Westlicher Balkan im Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen im Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin.

Die albanische Parlamentswahl wird am politischen Zustand des Landes wohl wenig ändern.


Die Parlamentswahl in Albanien am 25. Juni findet mit der Beteiligung der größten Oppositionspartei statt. Dies allein ist schon als großer Erfolg zu werten. Nach monatelangem Boykott des Parlaments und Protesten auf der Straße hat die Demokratische Partei (DP) ihre Blockadehaltung aufgegeben.

Dennoch haben die jüngsten Entwicklungen gezeigt, wie schwach die albanische Demokratie ist.

Eine selbst für regionale Verhältnisse extreme Polarisierung zwischen den beiden großen albanischen Parteien und ihren Anführern, der regierenden Sozialistischen Partei (SP) unter Edi Rama und der von Lulzim Basha geführten DP, verhindert seit Jahren ein substanzielles Vorankommen im demokratischen Reformprozess.

Obwohl alle bedeutsamen politischen Kräfte den EU-Beitritt ihres Landes als oberstes Ziel ausgeben, ist Albanien über den formellen Kandidatenstatus bisher nicht hinausgekommen. Dabei gaben die Entwicklungen nach der vergangenen Parlamentswahl im Jahr 2013 zunächst Anlass zur Hoffnung: Nicht nur sahen Beobachter Fortschritte bei der Einhaltung internationaler Standards, auch akzeptierte die DP nach großen Verlusten umgehend ihre Niederlage. Zwar setzte sich die aggressive Rhetorik zwischen den Parteiblöcken nach der Wahl ungemindert fort, jedoch konnte mit der einstimmigen Verabschiedung von Verfassungsänderungen für eine umfassende Justizreform eine Schlüsselforderung der Europäischen Union umgesetzt werden.

Diese Einigkeit hielt allerdings nicht lange: Bereits bei der weiteren Ausgestaltung der Justizreform brach der ritualisierte Streit wieder aus. Die Schärfe, mit der diese Auseinandersetzung geführt wurde (und geführt wird), lag am desolaten Zustand der DP. Deren lautstarke Proteste und Forderungen nach einem Rücktritt der Regierung waren ein Überlebenskampf um die Gunst der Wähler. Erst als der internationale Druck immer größer wurde und auch die Unterstützung der Bevölkerung ausblieb, willigte DP-Chef Basha in einen Kompromiss ein. Dieser ermöglichte es ihm, einer Beteiligung der DP an den Wahlen zuzustimmen und dabei sein Gesicht zu wahren.

Umfragen zufolge, die jedoch nicht immer verlässlich sind, dürften am Sonntag die Sozialisten als Sieger aus der Wahl hervorgehen. Die SP führt aktuell mit einem Vorsprung von bis zu acht Prozentpunkten vor der DP. Wer den nächsten Ministerpräsident stellt, wird maßgeblich von der albanischen Königsmacherin, der Sozialistischen Bewegung für Integration (LSI), abhängen. Diese Partei hat die treueste Anhängerschaft, nicht zuletzt, da sie ihre Unterstützer am verlässlichsten mit Posten in der öffentlichen Verwaltung versorgt. In den vergangenen Jahren hat die LSI ihre Loyalitäten zwischen DP und SP gewechselt, und auch diesmal wird sie wohl wieder das Zünglein an der Waage sein.

Egal, wer dann am Ende das Rennen macht - mit Entscheidungsträgern, die ihr politisches Handeln dem Machterhalt unterordnen und Kompromisse als Schwäche sehen, wird sich die Bevölkerung auf vier weitere Jahre politischen Kampf auf Kosten von wirklichen Reformen einstellen müssen.