Demokratie ist jene Regierungsform, bei der die Bürgerinnen und Bürger auf der Basis eines allgemeinen, gleichen und fairen Wahlrechtes – das über mehrere Generationen hinweg mühsam erkämpft wurde - durch die Wahl eines allgemeinen Vertretungskörpers (eines Parlaments) an der staatlichen Willensbildung beteiligt sind; in der außerdem die Machtausübung und die Entscheidungsprozesse durch eine Verfassung klar geregelt sind und dadurch auch ein friedlicher Machtwechsel sichergestellt ist.

Der Gedanke der Demokratie hat sich im 20. Jahrhundert – trotz dramatischer und menschenverachtender Ausnahmen und Unterbrechungen – letztlich so umfassend durchgesetzt, dass man heute sagen kann, die Europäische Union ist ein Zusammenschluss demokratischer Staaten.

Wie steht es aber in den europäischen Demokratien mit dem Wahlrecht, also dem Transmissionsriemen zwischen den Wählerinnen und Wählern einerseits und den Gewählten andererseits?

Faktum ist, dass es in Europa kein einheitliches Wahlrecht gibt und das ist kein Makel. Im Gegenteil; das europäische Projekt ist durchaus mit dem Gedanken vereinbar, dass es in den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU unterschiedliche historische Entwicklungen oder unterschiedliche politische Traditionen gibt, die sich auch in Unterschieden beim Wahlrecht niederschlagen.

Sollte aber im Wahlrecht europäischer Demokratien die Wahlgerechtigkeit nicht ein wichtiger Faktor sein?

Ich verstehe unter Wahlgerechtigkeit, dass der Wählerwille, also die Verteilung der Wählerstimmen auf die einzelnen wahlwerbenden Parteien und Gruppierungen in der Zusammensetzungdes gewählten Parlaments einen angemessenen Niederschlag findet.

Wenn z.B.: die Partei A mehr Wählerstimmen hat als die Partei B aber weniger Mandate als die Partei B, dann entfernt sich das meines Erachtens zu weit von Gedanken der Wahlgerechtigkeit.

Aber auch wenn die Partei A mit 35% der Wählerstimmen 50% der Mandate erhält und die Partei B mit 30% der Wählerstimmen nur 20% der Mandate, dann ist das Prinzip der Wahlgerechtigkeit verletzt oder zumindest grob herausgefordert.

Wir sieht hier die europäische Praxis aus?

Das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag ist ein solides Verhältniswahlrecht; das heißt, die Stärke der Parteien im Bundestag entspricht im Großen und Ganzen ihrer Wählerstärke. Das hat die Regierungsbildung in Deutschland seit dem 2. Weltkrieg nie ernsthaft behindert.