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Direktinvestitionen aus China - ein Danaergeschenk?

Von Kurt Bayer

Gastkommentare

Mit der Erstarkung der chinesischen Wirtschaft sinken Investitionsmöglichkeiten im Land und wächst das Interesse an ausländischen Firmen.


Der trojanische Priester Laokoon hatte mit seiner Befürchtung recht: "Ich fürchte die Danaer (Griechen), auch wenn sie Geschenke bringen." Tatsächlich waren ja im Trojanischen Pferd bewaffnete Griechen versteckt, die dann, nachdem das hölzerne Pferd in die Stadt gebracht worden war, herausstürmten und die Stadt eroberten. Laokoon und seine beiden Söhne bezahlten die Weissagung mit dem Tod.

Lange Zeit galt das Hereinbringen von Investitionen aus dem Ausland in Form von Firmenübernahmen (Direktinvestitionen) als wünschenswert und sogar als Standortqualitätsindikator und wurde und wird von Regierungen aktiv betrieben. Um den Markt zu regulieren, um Chancengleichheit zwischen alten und neuen Aktionären und Neutralität des Aufsichtsrates herzustellen, brachte die Europäische Kommission im Jahr 2004 nach 14-jährigen Verhandlungen die sogenannte Übernahmerichtlinie in Umlauf, die in der Folge von den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt wurde. Firmenübernahmen galten demnach als ein Herzstück der freien Marktwirtschaft.

In einer Evaluierung im Jahr 2012 über die Wirksamkeit dieser Direktive wurde sie als weitgehend wirkungslos beschrieben. Sie befasste sich allerdings nur am Rande mit der Möglichkeit von Regierungen, Übernahmen aus staatspolitischen Gründen zu unterbinden.

Mit der Erstarkung der chinesischen Wirtschaft geht auch deren Umgestaltung von investitions- zu konsumgetriebener Wirtschaft einher. Damit sinken Investitionsmöglichkeiten im Land und wächst gleichzeitig das Interesse an ausländischen Firmen und Vermögenswerten. Zum Teil geht dies auf das chinesische Seidenstraßenprojekt zurück, mit dem zu Land (Schiene, Straße) und zu Wasser chinesische Exportwege gesichert werden sollen: Dies erklärt etwa die Übernahme des Hafens von Athen durch chinesische Investoren.

Nun hat man aber auch in Europa gemerkt, dass ein allzu freier Zugang für chinesische Firmen (vielfach in chinesischem Staatseinfluss) zu europäischer Infrastruktur und Hochtechnologie strategisch langfristig Nachteile bringen kann. So hat im Vorjahr der Fall des Augsburger Roboterherstellers Kuka die deutsche Bundesregierung alarmiert. Auch Frankreich und Italien haben die EU-Kommission damit beauftragt, Regeln für zulässige Beschränkungen auszuarbeiten.

Im Vorfeld wird nun Deutschland tätig und plant, den Tatbestand der "Gefährdung der öffentlichen Ordnung" als zulässigen Grund für das Verbot von Übernahmen (vor allem durch chinesische Unternehmen) für "kritische" Infrastruktur zu definieren. Dabei geht es um Softwarefirmen sowie um Infrastruktur (Energie, Transportwege, Flughäfen, Häfen).

Ebenso wie man in Europa (die USA sind da schon deutlich länger und schärfer tätig) nunmehr auch den Schutz heimischer Industrieprodukte (Stahl) und den Zugang zu Materialien sichern will, geht es nunmehr auch dem freien Markt über Eigentumsrechte an den Kragen. Die EU-Kommission ist auch dabei.

Ob das nun Protektionismus oder legitimes Interesse ist, müssen die Hohepriester der Marktwirtschaft beantworten.