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Mehrfachsubventionen - gelungener Föderalismus

Von Ernst Smole

Gastkommentare
Ernst Smole war Berater der Unterrichtsminister Fred Sinowatz, Herbert Moritz und Helmut Zilk. In der laufenden Legislaturperiode wurde er als Auskunftsperson in die Parlamentsausschüsse für Budget und Bildung berufen.
© privat

Wer die Förderung von Projekten durch mehrere öffentliche Gebietskörperschaften pauschal kritisiert, sollte bedenken, was hinter dem Prozess der geteilten Kostenbeteiligung von Gemeinden, Land und Bund steckt: nämlich Demokratie in ihrer positivsten Form.


Mit frenetischem Beifall hat zu rechnen, wer die Abschaffung von Mehrfachsubventionen fordert. Die DDR - eine subventionsfreie Zone, denn der Staat war "Allesunternehmer". Alles war Staat, auch der Freizeitbereich. Dieser war gefährlich, denn er galt als Brutstätte für Opposition. Alle Freizeitbereiche waren staatlich organisiert, finanziert und observiert. Subventionen an Private gab es nicht.

Subventionen gewährt der Staat jenen Bereichen, die ihm wichtig sind, die er aber an Private auslagert - der Staat ist ja nicht immer der ideale "Unternehmer". Länder und Gemeinden erhalten keine Subventionen vom Bund, sie lukrieren Bundesmittel via Finanzausgleich.

Im Kulturbereich ist die Subventionspraxis, die nicht nur weltberühmte Festspiele, sondern auch eine vitale private Kulturszene auch in kleinsten Orten ermöglicht, ein föderales Erfolgsmodell. Denn am Beginn der Subventionskette steht die bürgernächste Gebietskörperschaft: die Gemeinde. Jeder private Kulturverein versucht primär, von der Gemeinde Finanzmittel zu lukrieren. Gelingt dies, tritt man mit der Bitte um Co-Finanzierung an die Landesregierung heran. Für diese ist die kommunale Grundfinanzierung das Zeichen dafür, dass das Projekt von der Bevölkerung gewollt wird und Vertrauen in die Projektverantwortlichen besteht. Die Finanzierung durch Gemeinde und Land öffnet die Chance auf Gelder des Bundes. Für ihn ist die Kostenbeteiligung von Gemeinde und Land ein zentraler Indikator für den Bedarf.

Dies ist die Wahrheit der vielgeschmähten Mehrfachförderungen im Kulturbereich. Die Entscheidungsfindung liegt auf Gemeindeebene beim Gemeinderat, in Land und Bund beraten weisungsfreie Fachbeiräte die Landesräte und den Bundesminister, die über die Förderung entscheiden.

Dieses in den 1970ern auf Betreiben des Bundes entstandene System ist ein Erfolgsmodell, weil es nicht "top down", sondern "bottom up" funktioniert, denn die im Ort betroffenen Gemeindebürger entscheiden darüber, ob ein Projekt gewünscht ist. Die Auseinandersetzung darüber ist Demokratie in ihrer positivsten Form. Die Transparenz? Die Gemeinden sind gesetzlich dazu verpflichtet, aller Ausgaben zu veröffentlichen, die Kunstberichte des Bundes und der Länder geben Auskunft darüber, welche Projekte in welcher Höhe subventioniert werden.

Nicht alle Förderungsbereiche sind so transparent strukturiert. Dieses Modell kann aber als Inspirationsquelle für andere gemeinsame Vorhaben von Bund, Ländern, Gemeinden und Privaten dienen.

Die dominierende Bedeutung der Gemeinden sollte auch für eine neue Struktur der Schulverwaltung richtungweisend sein. Es wird deutlich, dass ein pauschales Bashing von Mehrfachförderungen unberechtigt ist. Es lohnt sich ein "zweiter" Blick, denn der Urheber dieses Systems, Fred Sinowatz, meinte, dass "alles sehr kompliziert" sei - dies gilt heute mehr denn je.