Seit 1. Juli 2017 soll der Beschäftigungsbonus Arbeitslosen in Österreich gegenüber neu Zuziehenden am Arbeitsmarkt eine Bevorzugung ermöglichen. Für neu eingestellte Mitarbeiter können die Lohnnebenkosten für drei Jahre um die Hälfte gesenkt werden. Der Bonus ist bisher ohne EU-Genehmigung in Kraft getreten. Förderungen können zwar beantragt werden, die Zusage hängt aber noch davon ab, ob die Europäische Kommission darin indirekte Diskriminierung von Unionsbürgern sieht.

Die politische Maßnahme kann als Ergebnis einer lang geführten Verdrängungsdebatte betrachtet werden. Bereits vor den Arbeitsmarktöffnungen 2011 und 2014 fanden Diskussionen über Verdrängungseffekte und Lohndumping im Niedriglohnsektor statt. Aber haben Österreicher durch die EU-Osterweiterung tatsächlich ihre Arbeit verloren?

Für manche Berufssparten ist es tatsächlich schwieriger geworden, etwa für Selbständige in persönlichen Dienstleistungsberufen. Aber: Es sind auch neue Nischen entstanden. Tätigkeiten in Haushalt und Pflege werden in der österreichischen Mittelschicht zunehmend auf Zuwanderinnen verlagert, häufig ohne rechtliche und soziale Absicherung. Hier kann man eher von Ersatz als von Verdrängung sprechen, da diese Arbeit zuvor unbezahlt von ansässigen Frauen übernommen wurde. Zusätzlich führt verstärkter grenzüberschreitender Konsum - der volkswirtschaftlich erwünscht ist - zu einer erhöhten Nachfrage nach Arbeitskräften, die neben deutsch auch slowakisch oder ungarisch sprechen, um fit für die Kundschaft aus den Nachbarländern zu sein.

Was in der Debatte auffällt: Wenn es um Lohndruck und Verdrängung durch Arbeitskräfte aus Osteuropa geht, werden immer zwei Problemfelder thematisiert: Europäisierung und EU-Migranten. Kaum jemand spricht über Unternehmen, die Entscheidungsträger in dieser Sache sind und von der Einhaltung arbeitsrechtlicher Standards zum Teil weit entfernt sind, besonders in Branchen wie Bau, Transport oder Gastronomie.

Fragt man Unternehmer selbst, so berichten sie häufig davon, kein motiviertes Personal vor Ort zu finden. Überraschen kann dieser Eindruck kaum. Dass es unattraktiv ist, manuelle Tätigkeiten im verarbeitenden Gewerbe auszuführen, ohne Aussicht auf Aufstiegsmöglichkeiten, und dabei trotz Vollzeitbeschäftigung an der Armutsgrenze zu leben, ist wenig verwunderlich.

Ob der Beschäftigungsbonus dafür eine Lösung bieten kann, bleibt jedenfalls zu bezweifeln. Und selbst in Kombination mit einem Mindestlohn von 1500 Euro ist fraglich, wie lange dieser Ansatz funktionieren kann. Denn durch fortschreitende Digitalisierungsprozesse und Automatisierungstechniken stehen wir weitgreifenden Transformationen am Arbeitsmarkt gegenüber, und damit einem Verlust von Jobs, insbesondere im Dienstleistungsbereich. Oder in den Worten des Philosophen Richard David Precht: "Wir versuchen im Moment den Arbeitsmarkt von gestern mit einem Mindestlohn zu stabilisieren. (. . .) Was wir im Augenblick machen: Wir dekorieren auf der ‚Titanic‘ die Liegestühle um."