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Frauen, Aufklärung und das Leben in Europa

Von Sabine M. Fischer

Gastkommentare
Sabine M. Fischer ist Inhaberin der Human-Resources-Unternehmensberatung Symfony Consulting (www.symfony.at), deren Schwerpunkt auf den Bereichen Handel und Bildung liegt.
© privat

Wir schulden allen Geflüchteten eine Struktur, die ihnen zumindest annähernd dieselben Chancen wie Männern auf ein selbstbestimmtes Leben gibt.


Gesichert Frau und angstfrei Mutter sein und eine menschenwürdige Existenz für sich und die Kinder schaffen können, ohne ständig um Erlaubnis fragen zu müssen - mag sein, dass sich viele Frauen aus anderen Kulturen gar nicht vorstellen können, dass das möglich ist. Aber es gibt keine Frau auf dieser Welt, die sich das nicht für sich und ihre Kinder wünscht. Und es gibt kein Kind, das sich nicht sichere Verhältnisse für seine Mutter wünscht. Weil es spürt, dass es nur dann selbst in Frieden leben kann.

Als im Westen sozialisierte Frau habe ich mit Unterstützung meiner Eltern einiges für ein friedliches gesichertes Leben tun dürfen: eine fundierte Ausbildung, laufende Weiterbildungen, sparsamer Umgang mit meinem Einkommen, Sorge um meinen Haushalt, Engagement in der Nachbarschaft.

Um all dies nicht zu gefährden, habe ich nur ein Kind geboren. Denn nur so war es mir möglich, meinem Kind eine angemessene Umgebung, Freiraum und Ausbildung zu finanzieren und meine eigene Existenz nicht zu gefährden. Mit diesem Hintergrund beobachte ich via Reportagen seit Jahren Frauen, die auf dem Boot im Mittelmeer ihr fünftes Kind bekommen, 17-jährige Mädchen, die im Flüchtlingslager zwischen Schlamm und Unrat gebären, und 25-Jährige, die ohne Ausbildung und mit vier Kindern an der Hand in Europa versuchen, ein neues Leben aufzubauen. Welche Chancen haben diese Frauen? Und welche Chancen haben die Kinder dieser Frauen, ein selbstbestimmtes Leben wie ich und mein Kind zu führen? Es ist unmodern geworden, es zu thematisieren, aber in diesem Zusammenhang gelten drei Fakten: 1. Körperlich sind Frauen auf 18 Schwangerschaften ausgerichtet.

2. Freiheit und Selbstentfaltungsmöglichkeiten von Frauen hängen von sexueller Selbstbestimmung ab.

3. Eine Gesellschaft, die weibliche Selbstentfaltungsmöglichkeiten för-
dert, prosperiert und ist friedlicher.

Dies gilt auf jedem Kontinent, in jedem Kulturraum, mit jeder Religion. Erst der Zugang von Frauen zu Bildung und beruflicher Ausbildung, das Freischaufeln von der Last des ungewollten Kindergebärens und -aufziehens hat in unserer europäischen Gesellschaft die Potenziale von Frauen freigesetzt. Erst dadurch können Frauen in Österreich seit 42 Jahren (Berufsausübung ohne Zustimmung des Ehemannes) selbstbestimmt mit ihren Talenten und Fähigkeiten an der Verbesserung der Welt, für die sie die Nachkommen gebären, mitarbeiten.

Ehe wir Religion und Kopftuch diskutieren, haben wir als aufgeklärte Europäerinnen und Europäer die Pflicht, unseren neuen Mitbürgerinnen die Möglichkeit der Geburtenkontrolle zu geben - und zwar so, dass keine Frau mit ihrem Mann darüber diskutieren muss.

Wenn wir sie nicht befreien von der Vorherrschaft ihrer strikt männlich-orientierten Umgebung, verweigern wir ihnen den Zugang zu unserer europäisch-aufgeklärten Welt. Dann können sie ihren Kindern keinen Zugang zu unserer Welt öffnen, und damit verlieren wird diese Frauen und ihre Kinder. Terrorismus ist ein Ergebnis davon. Nur selbstbestimmte Mütter erziehen weltoffene Kinder. Es gibt nichts, was unsere europäische Gesellschaft mehr braucht als solche.