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Populismus von links

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Der deutsche Außenminister will die EU-Bürger durch Geldgeschenke dazu bringen, Zuwanderer zu akzeptieren. Noch populistischer geht’s kaum.


Wenn es eine einzige politische Befindlichkeit gibt, die 2017 mehr als jedes andere Gefühl sehr viele Wähler in Österreich und Deutschland ergriffen hat, dann vermutlich die: "Für die neu zugewanderten Flüchtlinge und Migranten gibt der Staat jede Menge Geld aus, und für die Einheimischen bleibt zu wenig." Egal, ob das so stimmt oder nicht, der Aufstieg der "Alternative für Deutschland" (AfD) ist genauso dieser Stimmung geschuldet wie die Stärke der FPÖ in Österreich, zu einem erheblichen Maße jedenfalls.

Wer, egal ob als Sozialdemokrat oder Konservativer, dies für eine wenig wünschenswerte Entwicklung hält, hat genau zwei Möglichkeiten, das zu ändern: das Argument als falsch zu widerlegen - oder aber zu begründen, warum eine derartige Verteilung der knappen finanziellen Ressourcen des Staates begründbar ist. Blöderweise ist Ersteres, angesichts von migrationsbedingten Mehraufwendungen von zwei bis drei Milliarden Euro pro Jahr, in Österreich inhaltlich nicht ganz einfach zu argumentieren; während Letzteres ein politisch nicht ganz einfach zu stemmendes Unterfangen ist.

Einen genialen Ausweg aus diesem Dilemma hat nun der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel gefunden, und zwar gleich für ganz Europa. Die Städte und Gemeinden, erklärte der Sozialdemokrat kurz vor Weihnachten, dürften "nicht vor der Entscheidung stehen, ob sie Flüchtlinge integrierten oder ihr Schwimmbad sanierten". Der Bund müsse ihnen vielmehr die Möglichkeit geben, beides zu tun. Die Kosten für die Integration sollten die Städte und Gemeinden nicht nur vom Bund ersetzt bekommen, "sie sollen den gleichen Betrag obendrauf bekommen für ihre Bürger". Denn "so können wir auch verhindern, dass bei den Bürgern der Eindruck entsteht: Für die Flüchtlinge wird alles getan, für uns nichts". Und das am besten nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Europäischen Union: "Die EU könnte ein Programm auflegen", um das zu finanzieren. Wenn die Bürger unzufrieden sind mit den Kosten der Migration, schütten wir sie einfach mit Geld zu, am besten gleich in ganz Europa - das ist so genial, dass man sich fragt, warum wir da nicht schon früher draufgekommen sind.

Vielleicht deshalb, weil der Vorschlag des mächtigen Sozialdemokraten nichts weiter als grober linkspopulistischer Unfug ist. Denn würden Kommunen zwischen Stockholm und Athen ihre erheblichen Aufwendungen für Migranten quasi nach Gutsherrnart vom Staat nicht nur ersetzt bekommen, sondern gar mit einem Bonus in gleicher Höhe vom Staat belohnt werden, wird das finanzielle Problem einfach doppelt so groß. Zwar stünden dann Kommunen vielleicht wirklich nicht vor der Frage, "ob sie Flüchtlinge integrierten oder ihr Schwimmbad sanieren können" - aber die Frage stellt sich dann eben dem Bund, der entweder diese Kosten übernehmen oder aber Autobahnen, Universitäten oder Glasfasernetze errichten kann, um in Gabriels Bild zu bleiben.

Das Problem verschwindet deshalb nicht, es vergrößert und verlagert sich nur. Notfalls eben auch auf kommende Generationen, wenn das ganz auf Pump finanziert wird. Dem Wähler anzubieten, seinen berechtigten Ärger über die Migrationspolitik mit seinem eigenen Steuergeld zu besänftigen, ist ein nicht wirklich schwer zu begreifender Versuch, diesen Wähler für blöd zu verkaufen.