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Die Herausforderungen bei Krediten und Konsum

Von Holger Blisse

Gastkommentare
Holger Blisse ist Wirtschafts- und Sozialwissenschafter und unter anderem auf kreditwirtschaftliche, genossenschaftliche und sozialpolitische Themen spezialisiert.
© privat

Als ein Landwirt die notwendige Landmaschine nicht allein anschaffen konnte, das Investitionsvolumen war zu groß, die Maschine wäre übers Jahr nicht ausgelastet gewesen, unterblieb die Anschaffung. So und ähnlich lassen sich Kooperationsbedarfe entwickeln. Was im Beispiel fehlte, waren Gleichgesinnte mit einem ähnlichen Bedarf. Hätten sie sprichwörtlich, ohne sich selbst aufzugeben, ihre Kräfte gebündelt und damit vermehrt, wäre es ein Leichtes gewesen, die Landmaschine anzuschaffen und wechselseitig - in Absprache - zu nutzen. Ein Maschinenring oder allgemeiner eine landwirtschaftliche Genossenschaft wäre entstanden. Hierbei handelt es sich um eine wirtschaftliche Vorteilsgemeinschaft, deren Einheit jeden Eigentümer als Kunden (Nutzer) fördert.

Ähnlich gelagert waren die Anfangsbedingungen bei Kreditgenossenschaften, Wohnungsbaugenossenschaften oder auch Konsumgenossenschaften. In den Kredit- und Konsumgenossenschaften beobachten wir seit Jahren eine Transformation bis hin zur Auflösung und zum Untergang der genossenschaftlichen Strukturen. Erklärt wird dies mit veränderten Markt- und Wettbewerbsbedingungen und einem gewandelten Verhalten bei den Bankkunden beziehungsweise Lebensmittelkonsumenten. Doch davon sind alle Unternehmen einer Branche betroffen. Innovationen - verstanden im Sinne von Bestand erhaltenden Anpassungen, weniger "schöpferische Zerstörungen" auch durch Zusammenschlüsse - sind gefragt. Vorbilder gibt es in beiden Branchen - seien dies z. B. ein betont ethisch-ökologisch-soziales Bankgeschäft, was den Kreditgenossenschaften aber auch den Sparkassen von Anbeginn an gut ansteht, oder geschehe dies durch Schließen von Versorgungslücken am Land.

Damit wäre eine zweite Dimension hinzugekommen: ein Zusatznutzen oder Nebenzweck, der aber dem Zeitgeist entspricht und eine innergenossenschaftliche soziale Erneuerung herbeiführt.

In die Zeit der Konsolidierung bei den "alten" Genossenschaften fällt eine Neugründung, zeitnah zum Projekt Bank für Gemeinwohl. Der Gemeinwohl-Gedanke ist weiter gedacht worden. Verkürzt fallen darunter Unternehmen, wie die Waldviertler Werkstätten des Trägers und Obmannes der neuen Initiative, Heinrich Staudinger, die unter anderem bei ihrer Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr Rücksicht auf die Umwelt nehmen, sich kooperativ gegenüber den Mitbewerbern verhalten oder auf regional-wirtschaftliche Zusammenhänge bedacht sind. Für solche Unternehmen gibt es seit Mitte Dezember 2016 einen weiteren genossenschaftlichen Revisions- und Prüfungsverband in Österreich, den Förderungs- und Prüfungsverein gemeinwohlorientierter Genossenschaften (www.rueckenwind.coop). Die schon bestehenden 13 Prüfungsverbände sind zusammengeschlossen in der Vereinigung österreichischer Revisionsverbände, teils als Verein oder selbst als Genossenschaft tätig.

Förderung der Mitglieder steht immer noch im Zentrum

Damit ist eine dritte Dimension entstanden - eine Förderung, die weder wirtschaftlich noch sozial ausschließlich den Mitgliedern zugutekommt, sondern über sie hinausgeht. Nach wie vor gilt jedoch, dass grundsätzlich in der Rechtsform der Genossenschaft die Förderung der Mitglieder (als Kunden) im Zentrum steht, weitere "Dimensionen" sind zwar zulässig, aber eben nur als Nebenzweck(e) und können dann bis hin zur Förderung der Allgemeinheit reichen - was natürlich zuallererst Aufgabe des Gemeinwesens selbst sein sollte.

Dennoch, es tut sich etwas, was sich positiv auf Gründungen überhaupt in der genossenschaftlichen Rechtsform auswirken könnte. Hierzu stellen die Raiffeisenorganisation die Gründungsplattform www.kooperieren.at, der Österreichische Genossenschaftsverband (Schulze-Delitzsch) auf seiner Homepage www.genossenschaftsverband.at sowie die Initiative www.crowdcoopfunding.at Angebote und Informationen bereit. Auch der Konsumverband ist offen für Neugründungen nicht zuletzt in der Nahversorgung, und im Bereich Wohnbau könnten Gründungen bei alternativen Wohnbauprojekten ein Thema werden, was vor allem in die Zuständigkeit des Österreichischen Verbandes Gemeinnütziger Bauvereinigungen fiele (www.gbv.at).

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Holger Blisse

ist Wirtschafts- und Sozialwissenschafter und unter anderem auf kreditwirtschaftliche, genossenschaftliche und sozialpolitische Themen spezialisiert. privat