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Rechtsruck? Welcher Rechtsruck?

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Was, bitte schön, ist eigentlich "rechts" daran, wenn eine Regierung findet, dass illegale Einwanderung gestoppt gehört?


Wird 2018, als Folge des herbstlichen Wahlganges in Österreich 2017, jenes Jahr, in dem das Land endgültig "nach rechts rückt", wie es in einer Flut von Kommentaren und Analysen behauptet wurde? Diagnostiziert wird das einmal gelassen kühl in der "Neuen Zürcher Zeitung" ("Österreich rückt nach rechts"), dann wieder deutlich alarmistischer in der "Süddeutschen Zeitung" ("Österreich rückt noch mehr nach rechts") und gelegentlich auch dumm hyperventilierend wie von jenem deutschen Schauspieler, der Sebastian Kurz mit - erraten - Adolf Hitler verglich. Aber einig sind sich im Befund fast alle.

Interessant an diesem allgemeinen Rechts-Gesumse ist vorerst, dass "rechts" in diesem Zusammenhang stets irgendwie komisch zu riechen scheint. Wer oder was mit diesem Etikett versehen wird, gilt damit automatisch als irgendwie problembehaftet, während "links" stets als bloße Standortbeschreibung bar jeder Wertung auftaucht. Ein "Rechtsruck" ist in diesem Verständnis das, was politisch passiert, kurz bevor wieder Lager für politische Gegner errichtet werden.

Es ist freilich nicht zuletzt die Schuld des konservativ-bürgerlichen Milieus selbst, dass es sich den Begriff "rechts" ohne Gegenwehr von den politischen Antagonisten entwinden ließ, statt ihn gelassen zu verteidigen. Jetzt ist er deshalb eine Keule, die eingesetzt wird - weshalb sich auch kaum noch jemand traut, sich selbst als "rechts" zu bezeichnen. Obwohl das grundsätzlich um kein Jota anständiger oder unanständiger ist, als sich "links" zu nennen.

Hat also nun "die Migrationskrise Europa nach rechts gerückt" und Österreich gleich mit, wie Ex-Kanzler Christian Kern jüngst in einem Kommentar im "Standard" behauptet hat? Wahr ist vielmehr: Nicht die Migrationskrise rückte Europa nach rechts, sondern der Fehler von historischen Dimensionen, den Angela Merkel und die damalige österreichische Bundesregierung im Herbst 2015 mit der unkontrollierten Grenzöffnung begingen, führte zum Erstarken all jener Kräfte, die das für keine so gute Idee hielten und halten.

Was aber "rechts" daran sein soll, eine Kontrolle der EU-Außengrenze, eine Verhinderung illegaler Migration oder die Abschiebung illegal Eingereister zu befürworten, erschließt sich nicht so recht. Weshalb es auch wenig Sinn hat, aus den in diese Richtung deutenden Absichten der neuen Regierung einen "Rechtsruck" abzuleiten. "Rückkehr zur Vernunft" wäre wohl treffender.

Das gilt für viele anderen Maßnahmen ebenso: Was ist bitte "rechts" daran, Familien mit Kindern steuerlich etwas zu entlasten? Was ist "rechts" daran, wenn eine Regierung der Meinung ist, dass illegale Einwanderung gestoppt gehört?

Was ist "rechts" daran, wenn Kinder in Österreich schon vor dem Schuleintritt besser Deutsch lernen sollen? Was ist "rechts" daran, wenn Transparenzdatenbanken gegen Subventionsmissbrauch endlich scharf geschaltet werden? Und was ist "rechts" an einer Regierung, die (leider) keine größeren Privatisierungen im Auge hat, sondern eher ihr Eigentum an Unternehmen arrondieren will?

Man kann dies für vernünftig halten oder auch nicht - aber eines kann man nicht, ohne die Wirklichkeit ganz ordentlich zu verbiegen: all das einen "Rechtsruck" nennen.