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Frau sucht Gegen-Leistung

Von Sabine M. Fischer

Gastkommentare
Sabine M. Fischer, Inhaberin von Symfony Consulting (www.symfony.at), ist Human-Resources-Unternehmensberaterin mit den Schwerpunkten Handel und Bildung.

Ein paar Anmerkungen zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation der weiblichen Bevölkerung in Österreich.


Dem Wunsch nach Veränderung folgend, hat der neue Bundeskanzler Menschen mit neuen Perspektiven und unbelastet von irgendeiner Regierungserfahrung mit der Regierungsarbeit betraut. 6 von 16 Regierungsmitgliedern sind sogar weiblich - das freut die Frau von der Straße. Denn dass Frauen sich für das Einbringen neuer Aspekte und damit für Veränderung besonders gut eignen, zeigt ein Blick auf die Lebenserfahrung und in die Statistik. Frauen leisten viel:

Sie erreichen im Durchschnitt in allen Fächern häufiger den Abschluss, meist noch mit den besseren Noten - außer im sogenannten Mint-Bereich.

Sie bleiben meist ein Leben lang besser informiert und absolvieren öfter Weiterbildungen als Männer.

Im Vergleich zu Männern leisten sie fast doppelt so viele Arbeitsstunden unbezahlt neben dem Beruf, um sich um die privaten Haushalte zu kümmern, Kinder zur Welt zu bringen, sie zu pflegen und zu erziehen.

Als Töchter und Schwiegertöchter sind vorwiegend sie es, die sich um die Altenpflege kümmern.

Frauen erbringen demnach mit viel persönlichem Einsatz viele Leistungen, die für das Funktionieren unserer Gesellschaft und der Wirtschaft (Reproduktionsarbeit!) essenziell sind. "Meine Arbeit hilft anderen, Geld zu verdienen", sagt die Frau von der Straße.

Da der neuen Regierung das Wirtschaftswachstum ein Herzensanliegen ist, hat sie sich den Leistungsträgern in Österreich verschrieben. Bemerkenswert ist dabei, was als Leistung definiert wird: die Konstellation aus gut bezahlter Arbeit, Ehe und Kindern. Das ist eine Kombination, mit der die Frau von der Straße nicht so viel Erfahrung hat:

In der Mehrzahl leben Frauen in Österreich alleine, 46,1 Prozent sind Single (ledig, geschieden, verwitwet), 6,9 Prozent sind Alleinerziehende, 47 Prozent sind verheiratet. Die durchschnittliche Ehe dauert allerdings nur 10,9 Jahre (Gesamtscheidungsrate: 40,5 Prozent).

Frauen sind nur selten in den höher bezahlten Jobs zu finden, wie die 200 umsatzstärksten österreichischen Unternehmen beispielhaft zeigen: Frauen besetzen nur 15,8 Prozent aller Positionen, die mit einer Prokura ausgestattet sind,

7,2 Prozent der Geschäftsführungs-, 3,6 Prozent der CEO- und 18,1 Prozent der Aufsichtsratsposten.

Die Lohnschere beträgt zu Lasten von Frauen 21,7 Prozent.

Ihre Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung ist höher als jene der Männer. Für Alleinerziehende - zu 84 Prozent Frauen - beträgt dieses Risiko übrigens 38 Prozent. Frauen sind auch von der Altersarmut stärker betroffen als Männer.

In Österreich haben Frauen also relativ geringe Chancen, lebenslang einen gut bezahlten Job und für die gesamte - also mindestens 18 Jahre (Stichwort Ausbildungspflicht!) dauernde - Kindererziehungsarbeit einen Ehemann an ihrer Seite zu haben. "Insbesondere die Kombination gut bezahlter Job, Ehe und Kinder ist bei Frauen selten", bemerkt die Frau von der Straße.

Die neue Bundesregierung hat einen leistungsorientierten Veränderungswillen. Welche Gegenleistung hat die Frau von der Straße für ihre für die Gesellschaft erbrachten Leistungen zu erwarten?