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Trumps Irrweg schadet den Armen

Von Hanno Lorenz

Gastkommentare
Hanno Lorenz ist Ökonom bei der Agenda Austria mit den Fach- bereichen Außenhandel, Standort, Verteilung und Digitalisierung.

Strafzölle werden die Preise in den USA nach oben treiben. Die Reichen können es verkraften, die Ärmeren nicht.


Die Globalisierung habe die "working class" viele Jobs gekostet. Unzählige Unternehmen seien ins Ausland abgewandert, die großen Konzerne hätten ihre Gewinne ins Unermessliche gesteigert, während die Arbeiter zuerst ausgebeutet und schlussendlich arbeitslos wurden.

So lautet jedenfalls die Erzählung, die nun auch US-Präsident Donald Trump bemüht, um bei seinen Wählern mit Schutzzöllen zu punkten. Der Zeitpunkt ist kein Zufall, schließlich stehen in wichtigen Teilen des Landes Wahlen vor der Tür, etwa in der Stahlhochburg Pittsburgh.

Das Problem dabei: Mit der Realität hat die Erzählung der alles zersetzenden Globalisierung nichts zu tun. Ganz im Gegenteil: Der heutige Wohlstand ist untrennbar mit dem Außenhandel verknüpft. Volkswirtschaften führen Produkte und Dienstleistungen ein, wenn diese im Inland nicht zu denselben Konditionen respektive derselben Qualität herstellbar sind. Dass dies für alle Beteiligten von Vorteil ist, gilt bei Ökonomen ungeachtet ihrer weltanschaulichen Präferenzen mittlerweile als unumstritten.

Zudem zeigen zahllose Studien, dass insbesondere Einkommensschwache von den niedrigen Preisen des Freihandels profitieren. Zölle auf die von ihnen konsumierten Produkte werden diese unweigerlich verteuern. Wohlhabende können sich die Preissteigerungen leisten, die Ärmeren nicht. Hinzu kommt, dass durch die Schutzzölle Arbeitsplätze nicht gesichert werden. Schon gar nicht in der US-Autoindustrie, deren Produktionskosten die Zölle erhöhen werden. Günstigere Zulieferer werden aus dem Markt geworfen und durch teurere ersetzt. Steigende Preise führen zu sinkender Nachfrage und in weiterer Folge zu einem reduzierten Angebot durch die Produzenten. Um die reduzierte Nachfrage zu decken, braucht es nicht mehr, sondern weniger Beschäftigte, letzten Endes werden also Jobs vernichtet und nicht gesichert. Berechnungen zufolge würden mehr als 100.000 Arbeitsplätze verloren gehen.

Unbestritten ist, dass in der jüngeren Vergangenheit viele Jobs verloren gegangen sind. Nicht nur in den USA, sondern in allen Industrieländern. Allerdings heißt der Jobkiller nicht Globalisierung, sondern Automatisierung. Das ist auch keine Katastrophe, zumal es sich vor allem um schwere körperliche Arbeiten handelt. Die menschliche Arbeitskraft wird heute deutlich produktiver eingesetzt, was wiederum den Aufstieg der Wohlfahrstaaten überhaupt ermöglicht hat. Die Menschheit verbringt den Lebensabend nicht mehr am Fließband, sondern im wohlverdienten Ruhestand.

Ruhe sollte auch die EU bewahren. Gegenmaßnahmen mögen zwar politisch verständlich sein, deren Umsetzung würde aber auch Europa schaden. Hinter Trumps Protektionismus steckt ausschließlich politisches Kalkül, ökonomisch betrachtet handelt es sich dabei um einen schweren Fehler, der nur Verlierer kennt. Vor allem in der amerikanischen "working class", also jenen Teilen der US-Bevölkerung, die Trump zu schützen vorgibt. Statt ihnen Perspektiven aufzeigen, wie auch sie in der globalisierten Welt von heute bestehen könnten, werden sie mit Rezepten von gestern in die Irre geführt.